Harsche Banken- aber auch Robo-Advisor-Kritik der EU

Am 24. April wurde der Bericht „Distribution systems of retail investment products across the European Union“ von der EU veröffentlicht.

Zunächst ist das Ziel der Investmentinitiativen der EU interessant: „The Capital Markets Union is set to …. provide more options and better returns for savers and retail investors. …. This requires …. transparency to help investors to make the right investment decisions (S. 3 mit Verweis auf andere EU Quellen).

Auf Basis von fremden Quellen, eigenen Recherchen und anonymen Testkäufen („Mystery Shopping“) wird unter anderem festgestellt:

Hauseigene Fonds statt günstiger ETFs

Auf den Webseiten traditioneller deutscher Anbieter sind relativ viele ETFs (meist günstige Exchange Traded Funds) zu finden (S.19). Im Beratungsgespräch werden ETFs aber nur sehr selten empfohlen (S. 21), denn traditionelle Anbieter bieten vor allem teurere hauseigene „aktive“ Investmentfonds an (S. 23). Das ist in anderen Ländern ähnlich. Nur unabhängige Finanzberater aus Großbritannien (S. 42), die keine Provisionen von Produktanbietern nehmen dürfen, und Robo-Advisors (S. 23) empfehlen Anlegern ETFs.

Auch Onlineplattformen von Banken sind relativ teuer

ETFs sind in Europa zwar etwas teuer als in den USA, können aber über Onlineplattformen grundsätzlich relativ günstig erworben werden (S. 42). Onlineplattformen von Banken sind für ETF-Anleger aber ca. 50% teurer und für Aktienanleger sogar doppelt so teuer wie unabhängige Plattformen (S. 74 mit Verweis auf eine Studie von Deloitte).

Anders als Robo-Advisors werden soziale Handelsplattformen (Social Trading Plattformen) in dem Bericht als für unerfahrene Anleger ungeeignet eingeschätzt (S. 145).

Mangelnde Transparenz

Ausserdem wird eine geringe Transparenz traditioneller Angebote (S. 108) aber auch von Onlineanbietern kritisiert, gerade auch in Bezug auf Kostentransparenz (S. 24, 78, 127, 138, 140). Allerdings sollten die Kosten künftig wegen der Einführung von MiFID II transparenter werden (S. 107).

Persönliche Beratung ist wichtig, aber selten unabhängig

Aufgrund der grundsätzlich großen Auswahl an Produkten und einer hohen Intransparenz ist der Bedarf an Beratung gross. Sogar viele europäische Robo-Advisors ermöglichen daher inzwischen Zugang zu persönlicher Beratung (S. 96).

Bisher werden Investments vor allem über anbieterabhängige Berater verkauft, deren Beratung von Anlegern fälschlich als kostenlos wahrgenommen wird (S. 108). Die Bezahlwilligkeit für unabhängige traditionelle aber auch Robo-Beratung ist dementsprechend gering (S. 108).

Strengere Regulierung zu erwarten

Der Bericht lässt offen, was das für künftige Regulierungen bedeutet.

Provisionsverbote in Großbritannien und den Niederlanden haben zu mehr – und besser informierten – Selbstentscheidern und der stärkeren Nutzung von Onlineplattformen (S. 127) und Honorarberatern geführt (S. 118). Eine Dokumentationspflicht für Beratung gibt es dagegen bisher nur in Deutschland (S. 119) und steht offenbar bei der EU nicht oben auf der Regulierungsagenda.

Es ist wenig überraschend, dass Verbraucherschützer für einfache, günstige und transparente Produkte, unabhängige Beratung und den Einsatz neuer Techniken eintreten (S. 119). Es scheint, als würde die EU diese Überzeugungen teilen.

Produktvorgaben der EU erscheinen mir aber unwahrscheinlich und zumindest in Bezug auf Kostentransparenz sollte MiFID II Verbesserungen bringen, die im EU Bericht noch nicht berücksichtigt werden konnten. Ein Provisionsverbot durch die BAFIN ist angesichts der harschen Kritik am überwiegenden Verkauf teurer hauseigener Bankprodukte über teure hauseigene Plattformen aber denkbar.

Siehe auch

Bedroht die EU (ESG) Regulierung aktives Assetmanagement?

und

Noch mehr (un)sinnvolle (Robo-)Regulierungsideen