Fünf Strategien gegen Robo-Advisors

Wie können deutsche Banken, Fonds- und Portfoliomanager bzw. Asset-Manager und unabhängige Berater gegenüber digitalen automatisierten Geldanlage-Programmen (Robo-Advisors) punkten? Aktuelle Studien geben dazu einige Anregungen.

Ausgangslage: Nur ungefähr 17% der Befragten in Deutschland und Großbritannien nutzen die Services von Anlageberatern während es in den USA 28% sind (s. Blackrock, Digital Investment Advice, Robo Advisors come of Age, Sept. 2016, S. 3). Allerdings würden mehr als 60% der US-Anleger gerne einen Berater nutzen (s. Oranj: „The Generation Gap: Understanding Millennial, Gen X, and Baby Boomer Clients“, 2016, S. 2/3; hier Verweis auf einen Connected Investors Report von Salesforce). Das Potential für klassische Berater ist also groß. Aber sind die noch nicht beratenen Kunden auch attraktiv?

Robo-Advisors sind typischerweise auf Anleger ausgerichtet, die keine persönlichen Berater nutzen. Sowohl in den USA (s. Peter Lohse, Christian Machts: „Robo-Advice: Chancen für Asset Manager, Berater und Anleger“ in Cash-online vom 27.9.2016) als auch Deutschland hat sich gezeigt, dass die Nutzer von Robo-Advice-Angeboten vom Einkommen und Vermögen her durchaus attraktiv und daher auch für klassische Berater interessant sind.

„Passives Management“ bzw. ETF-Angebote und Robo-Advisors sind grundsätzlich nicht nur für traditionelle Fonds bzw. Portfolio-Angebote klassischer Berater sondern auch für das derzeit noch besonders profitable Asset Management-Geschäft (s. Boston Consulting Group: Global Asset Management 2016: Doubling Down on Data, Juli 2016, S 5) eine ernsthafte Konkurrenz.

1) Weniger eigene Produkte bzw. weniger Provisionsabhängigkeit

Laut einer aktuellen Studie (Yougov im Auftrag der Quirin Bank siehe Fonds professionell online vom 20.10.2016) haben amerikanische Bankkunden eine bessere Meinung von ihren Beratern als deutsche Kunden. Insbesondere halten die amerikanischen Kunden ihre Berater für weniger provisionsabhängig bzw. weniger abhängig vom Verkauf hauseigener Produkte.

Amerikanische Kunden haben laut dieser Studie außerdem weniger Vertrauen als deutsche Kunden in Computer bei Geldanlagen. Das ist interessant, weil Robo-Advisors in den USA schon wesentlich mehr Geld einsammelt haben als in Deutschland.

In den USA sind Charles Schwab und Vanguard die mit Abstand größten Anbieter von automatisierten Online-Geldanlagen (Robo-Advice). Und diese Anbieter vermarkten vor allem ihre eigenen ETFs über ihre Robo-Advice Angebote. So etwas gibt es in Deutschland noch nicht. Vielleicht prägen diese beiden Anbieter dieses relativ schwache Vertrauen von US-Anlegern zu Robo-Advisors.

Insgesamt hören sich diese Studienergebnisse zunächst so an, als wären die deutschen Bankkunden „moderner“ als die amerikanischen. Vielleicht ist es aber auch so, dass die amerikanischen Banken attraktiver sind als die deutschen, und dass US Anleger daher relativ viel Vertrauen zu ihnen haben.

Wenn es so wäre, dass US Banken bereits stärker auf vom Anleger bezahlte Gebühren statt auf Provisionen von Produktanbietern oder eigene Produkte setzen, ist das vielleicht gerade der Grund, warum US Kunden ihren Bankberatern mehr vertrauen als deutsche Anleger ihren Beratern.

Und das scheint der Fall zu sein: So gibt es im genossenschaftlichen Sektor und bei Sparkassen aber auch bei vielen Privatbanken und unabhängigen Beratern und Vermögensverwaltern in Deutschland keine oder nur wenige ETF Angebote. Sogar Ausgabeaufschläge werden vielfach noch verlangt und durchgesetzt. „In den USA, Australien, Südafrika und den Niederlanden sind typischerweise keine Vertriebskosten in den laufenden Fondsgebühren enthalten“ (s. Natalia Wolfstetter: Anlegerfreundlichkeit auf dem Prüfstand: Die globalen Fondsstandorte im Vergleich, Morningstar 9.6.2015).

2) Bessere Online-Unterstützung für traditionelle Berater

„Digital advisers offer many features and tools that a client or adviser may use to personalize portfolios, including financial planning tools to inform portfolio selection; portfolio allocations that clients may customize to their desired asset class mix; the ability to retain legacy positions; sophisticated, technology-driven portfolio rebalancing based on market changes, cash in-flows and out-flows, and risk parameters; and asset placement and tax-loss harvesting services“ (Morgan Lewis, The evolution of advice, Digital Investment advisors as fiduciaries, 2016, S. 16).

Solche Tools können und sollten von traditionellen Anbietern auch angeboten werden. Die Kombination solcher Tools mit persönlicher Beratung kann sogar sehr erfolgreich sein: 65 Prozent der (US-)Befragten, die an Robo-Advice interessiert sind, möchten gleichzeitig eine intensive persönliche Beziehung zu einem persönlichen Berater haben (s. Peter Lohse, Christian Machts:„Robo-Advice: Chancen für Asset Manager, Berater und Anleger“ in Cash-online, 27.9.2016). Und es ist sicher schneller und günstiger, wenn traditionelle Anbieter ihren Bestandskunden zusätzlich neue Tools anbieten als wenn Robo-Advisors den noch zu gewinnenden Neukunden auch noch eine eigene Beratung anbieten müssen.

Auch neue Bankkunden können durch Robo-Advisor Tools adressiert werden. Dafür besonders aufgeschlossene junge Anleger, sogenannte Millenials, haben tendenziell niedrige Einkommen und Vermögen. Aber sie haben ein großes Potential. So sind in den USA sehr viele von ihnen selbstständig bzw. überdurchschnittlich viele von ihnen haben Universitätsabschlüsse, was für eine gute Profitabilität dieser Kunden in der Zukunft spricht. Ausserdem sind sie sehr daran interessiert, Geldanlagen besser zu verstehen ( s. Oranj: „The Generation Gap: Understanding Millennial, Gen X, and Baby Boomer Clients“, 2016, S. 2/3).

Und: „Nearly 70% of respondents look for modern tools, and over 80% consider convenience, when selecting an advisor“ (Oranj: „The Generation Gap: Understanding Millennial, Gen X, and Baby Boomer Clients“, 2016, S. 3 mit Verweis auf einen Connected Investor Report von Salesforce). Letzteres gilt auch für vermögende Anleger: „79% said that it is important for them to have access to their investment information any time, day or night, and 65% said that with the help of their adviser they would be interested in using technology to manage their investments.“ (s. Oranj/InResearch: The Rise of the digital advisor, 2016, S. 4 mit Verweis auf eine Harris Befragung für Wells Fargo).

3) Mehr Transparenz bzw. besseres Management von Komplexität

Robo-Advisors können sich in ihren Anlage-Empfehlungen stark unterscheiden: „Equity allocations ranged as high as 90% and as low as 51%; fixed income allocations ranged from 10% to 40%.“ (Cerulli-Analyseergebnisse s. Blackrock solicits more regulatory scrutinity of robo advisors, eliciting jeers and a cheer, in RIABIZ, 11.10.2016). Für Laien bzw. alleine durch die Lektüre der Online-gestellten Informationen von Robo-Advisors dürfte es meist kaum nachvollziehbar sein, warum bei gleicher Ausgangslage so große Allokationsunterschiede herauskommen.

Um das zu machen, müssten die Allokationsmodelle und die Annahmen bzw. Prognosen zum jeweiligen Zeitpunkt offen gelegt werden. Idealerweise müsste ein Anleger ausserdem alternative Annahmen prüfen können. Diese Transparenz wird bisher von Online Anbieter selten geboten. Offline-Anbieter bieten aber oft eine noch geringere Transparenz. In einer persönlichen Beratung kann man aber auf explizite und vor allem implizite Fragen von Anlegern besser eingehen als online. Wenn es traditionellen Beratern gelingt, dem Anleger zu erklären, warum seine Empfehlung so ist, wie sie ist, kann er damit gegenüber dem angeblich transparenten Robo-Advisors punkten.

Neben der Asset-Allokation wird auch die Finanzplanungsfähigkeit von Robo-Beratern kritisiert: „Robos frequently do not capture good information about assets such as cash or insurance or assets held in accounts away from the robo firm. Nor do they usually get an accurate picture of the customer’s overall financial and life goals.” (David Lyon von Oranj in „Blackrock solicits more regulatory scrutinity of robo advisors, eliciting jeers and a cheer“, in RIABIZ, 11.10.2016). Gute traditionelle Berater dagegen sollten eine umfassende Finanzplanung leisten können.

4) Mehr verantwortliche Angebote

Traditionelle Anbieter können Produkte anbieten, die Robo-Advisors (noch) nicht anbieten. Das sind heute vor allem Einzeltitel-basierte (Aktien- und Anleihen statt ETFs) Produkte, die allerdings für die langfristige Kapitalanlage um die es hier geht nicht besser geeignet sein müssen als ETF-Angebote. Oder sie bieten fondsbasierte Produkte an, die Robo-Advisors noch wenig im Fokus haben, z.B. ESG bzw. SRI Angebote.

Verantwortliches Anlegen (ESG/SRI genannt für Environment/Social/Governance oder Socially Responsible Investing) wird für institutionelle Anleger immer wichtiger. Auch im Privatkundenbereich findet es zunehmend Aufmerksamkeit. Für Aktienanlagen scheint diese Form der Geldanlage trotz reduzierter Anlagemöglichkeiten kein Nachteile oder sogar Vorteile für Anleger zu haben. So stellt Morningstar jüngst eine niedrigere Volatilität von Fonds mit besonders guten ESG-Scores fest. Der Erklärungsversuch: Unternehmen mit guten ESG Scores haben geringere operationale und Reputationsrisiken als andere Unternehmen. (s. Jon Hale: Higher Sustainability Ratings can mean lower risk, Morningstar, 13.10.2016).

ESG/SRI wird rein-online bzw. von Robo Advisors bisher auch in den USA kaum angeboten. Ausnahmen in Deutschland sind meine Firma Diversifikator und Visualvest, letztere mit Fokus auf ökologische Faktoren.

Das ist eine Chance für Offline-Anbieter, die allerdings relativ schnell auch von Online-Anbietern genutzt werden kann.

5) Besserer Datenschutz

Datenschutz bzw. Datensicherheit ist schon heute für digitale Anbeter besonders wichtig (s. Blackrock, Digital Investment Advice, Robo Advisors come of Age, Sept. 2016: S. 2). Was digital künftig möglich sein kann, zeigt „Meet Eva: Your enlightened virtual assistant and the future for of the invisible bank“ (KPMG, October 2016). Damit wird Datenschutz bzw. Datensicherheit künftig noch wichtiger.

Banken haben durch ihre jahrelange Erfahrung im Bereich Datenschutz und Datensicherheit einen Erfahrungs- und Vertrauensvorsprung, den sie nutzen sollten, um einen besonders guten Schutz zu bieten. Unabhängige Robo-Advisors müssen erst noch zeigen, dass sie diese Themen auch in schwierigen Situationen im Griff haben. Gerade Start-Ups müssen ausserdem sicherstellen, dass die Daten z.B. auch bei einer finanziellen Unternehmenskrise nicht verkauft werden bzw. und in die falschen Hände fallen können.

Zusammenfassend sehe ich daher Robo-Advisors weniger als Konkurrenz für gute klassische Berater sondern eher als erhebliches Risiko für traditionelle Asset-Manager bzw. Fondsanbieter.