„ Jeder sollte über eine Strategie für die Ruhestandsfinanzierung verfügen um seine Ersparnisse so zu verwalten, dass sie bis zum Lebensende reichen. Eine Ruhestandsstrategie sollte die individuellen Pläne (Reisen, längeres Arbeiten usw.), Einkommensquellen und den jeweiligen Gesundheitszustand des Einzelnen berücksichtigen.“ (Aegon Ruhestandsstudie 2016, S. 21).
Dazu müssen mindestens die folgenden Fragen beantwortet werden:
1) Wie viel Netto-Vermögen ist zu Ruhestandsbeginn vorhanden?
2) Wie viel regelmäßiges Ruhestandseinkommen wird aus gesetzlichen, betrieblichen und bisher abgeschlossenen privaten Rentenversicherungen erwartet?
3) Wie viel Geld wird im Alter regelmäßig und für Sonderausgaben benötigt?
4) Wie lange sollte das Geld halten bzw. wie alt wird man im besten bzw. schlechtesten Fall?
Zu den Ausgaben, die berücksichtigt werden müssen, gehört z.B. der Unterhalt und ggf. der altersgerechte Umbau für das selbstgenutzte Eigenheim. Außerdem muss geschätzt werden, wie viel Geld regelmäßig für Neuanschaffungen wie Auto oder Urlaube zurückgelegt werden sollte, wie viel Geld man zusätzlich für Pflege in der Zukunft braucht und wie viel Geld in Reserve blieben soll, zum Beispiel um unerwartete gesundheitliche Probleme zu beheben oder zu lindern (es gibt einen guten Morningstar Report zu dem Thema, siehe David Blanchet: „Estimating the true cost of retirement“, 5.11.2013; zur Portfolio-Erbschaftsplanung ist ein anderer Ansatz interessant: „How to Create a Succession Plan for Your Portfolio“ von Christine Benz von Morningstar vom 23.9.2016).
„Online-Tools und digitale Vermögensverwalter (Robo Advice) können Erwerbstätigen bei der Festlegung des erforderlichen Aufwands helfen und Investitionsmöglichkeiten für ihre Gelder aufzeigen.“ (Aegon Ruhegehaltsstudie 2016, S. 21).
Ein kostenloses Finanzplanungstool, das auch nicht mit persönlichen Daten bezahlt werden muss, findet sich auf http://www.finatra.de. Und unter http://www.dia-vorsorge.de/dia-tools/ findet man einige weitere kostenlose (Renten-)Tools, für die ebenfalls keine Speicherung persönlicher Daten zur Nutzung nötig ist.
Für die Schätzung der Dauer der Ruhestandsphase kann man z.B. den Lebenserwartungsrechner auf www.dia-vorsorge.de nutzen. Als weiteres Tool kann man den dort angebotenen Sparplanrechner verwenden. Dort geht man auf die Auszahlberechnung und gibt seine angesparte Liquidität und seine erwartete gesetzliche und betriebliche sowie ggf. private Rente ein.
Laut Deutscher Rentenversicherung werden heute, mit steigender Tendenz, im Schnitt ca. 20 Jahre lang Renten gezahlt. Im Schnitt heißt aber, dass einige Rentenempfänger auch wesentlich länger als 20 Jahre von ihren Ersparnissen leben müssen.
Nehmen wir den Fall eines erfolgreichen Selbstständigen an, der sich zur Ruhe setzen will. Wenn man eine Million Euro gespart hätte und keine laufenden Ruhestandseinnahmen erwartet, erhält man bei erwarteten Anlagerenditen und einer Inflation von 0 und einer Restlebenserwartung von 40 Jahren eine monatliche Bruttozahlung von gut 2083 Euro.
Mit kleinen Variationen ergeben sich jedoch ganz andere Zahlen. Nehmen wir an, dass das Kapitel für 30 erwartete Restlebensjahre durchaus riskant angelegt werden kann und nur in den letzten 10 Jahren konservativer investiert werden soll. Nehmen wir weiter an, dass in der riskanten Anlagezeit nach Steuern und Inflation 4% netto pro Jahr erreicht werden. Vereinfacht setzen wir daher für die ganze Periode 3% pro Jahr an. Dann gibt sich eine monatliche Zahlung bzw. „Entnahmemöglichkeit“ von 3548 Euro statt 2083 Euro monatlich.
Als Kapitalanlagestrategie bieten sich aus meiner Sicht eher aktiendominierte Strategien für die ersten 30 Jahre und dann ggf. Mischformen oder überwiegend Anlagen in dann noch sichere Anleihen oder Cash an. Die Anlagen sollten stark risikogestreut erfolgen, zum Beispiel über kostengünstige ETFs. Dazu kann man, wie von AON empfohlen, inzwischen günstige Robo-Advisors nutzen (z.B. http://www.diversifikator.com von meiner Firma).
Alternativ kann man zu Ruhestandsbeginn eine Sofortrente bei einer Versicherung kaufen. Dabei kommt man nach http://www.biallo.de/sofortrente/ bei einer Soforteinzahlung von einer Million Euro als heute 63jähriger auf eine garantierte Rente von 3200 bis 3400 Euro. Zum Vergleich habe ich eine Million Euro im oben genannten Auszahlungsrechner von www.dia-vorsorge.de eingegeben und komme bei Renditeannahmen von 0 und einer Zielentnahme von ca. 3400 Euro auf eine Rentenzahldauer von 24 Jahren. Ohne Versicherung reicht die Liquidität von einer Million Euro also 4 Jahre länger als die durchschnittliche Rentenzeit von 20 Jahren. Oder anders gerechnet: Wenn die laut Biallo besten Rentenversicherungen mit 20 Jahren Restlebenszeit kalkulieren und 0 Prozent Wertentwicklung ansetzen würden, müssten sie eine Rente von über 4100 Euro monatlich garantieren.
Wenn man mit einer durchschnittlichen Ruhestandszeit rechnet, spricht daher einiges dafür, keine Sofortrente zu kaufen sondern das Kapital selbst anzulegen. Das gilt insbesondere dann, wenn man im Schnitt positive Kapitalanlagerenditen erwartet.
Dabei kann man es auch mit einer Kombination versuchen: 20 Jahre lang in ein günstiges und breit gestreutes aktienlastiges ETF-Portfolio anlegen und sich dann vielleicht doch noch eine garantierte Sofortrente einkaufen. Im Zweifel sind die Zinsen dann höher als heute, so dass man damit eine höhere laufende Rente garantiert bekommt. Außerdem kann man sich dann die Versicherung aussuchen, von der man erwartet, dass sie noch mindestens 10 Jahre die angestrebte Rendite erreichen kann. Das sollte leichter fallen als heute einzuschätzen, welche Versicherung auch in 20 Jahren noch besonders gut ist.
Vor dem Hintergrund einer 20jährigen Rentenlaufzeit ist es interessant, dass es heute kaum Rentenversicherungen gibt, welche Fondsinvestments in der Rentenphase ermöglichen (siehe Das Investment: Rente sucht Fonds: Warum sich Fondsprodukte auch in der Entsparphase lohnen“ vom 19.9.2016). Und die wenigen angebotenen Produkte legen nur einen kleinen Teil in aktienlastige Fonds an und den größten Teil in den sogenannten Deckungsstock, der sehr stark anleihehastig ist (s. Das Investment, 19.9.2016).
Aber es gibt erste Versicherungen, die aktienorientierte Anlagen auch für das Alter empfehlen. So sagt die Helvetia Leben: „Der 50plus-Generation empfehlen wir, lange an einer hohen Aktienquote festzuhalten und erst im hohen Alter eine lebenslange Rente zu vereinbaren.“ (Guntram Overbeck in „Gegen den Nullzins: So kombiniert Helvetia Fondspolice mit Auszahlplan“ in Das Investment, 20.9.2016).
Doch bei Anlegern besteht offenbar noch ein großes Informationsdefizit:
„Weniger als 10 Prozent der deutschen Beschäftigten haben Zugriff auf digitale Tools (wie zum Beispiel Online-Instrumente für die Ruhestandsplanung, digitaler Zugriff auf die Kontrolle und Verwaltung des eigenen Altersguthabens, Webcasts und Seminare über Sparmodelle für den Ruhestand), die ihnen dabei helfen könnten, sich auf den Ruhestand vorzubereiten und ihre Rentenkonten zu verwalten“ (Aegon Ruhestandsstudie 2016, S. 4).
Über zwei Drittel der Befragten, denen online Modellierungsinstrumente angeboten werden, halten diese aber für sehr bzw. sogar äußerst hilfreich (s. Aegon Ruhestandsstudie 2016, S. 14).
Alleine schon die Selbstbeschäftigung mit Versorgungsthemen ist gut (siehe Lissington, Robert J.; Mathews, Claire D.; Naylor, Michael J.: Self-Assessment of retirement-prepardness“, Working Paper, vom 26.8.2016).
Die Sockel-Überschuss-Methode dient der Planung des Vermögensverbrauchs. Wenn Sie in Rente sind und das Ziel haben, Ihr Vermögen möglichst zu verbrauchen und zugleich sicherzustellen, dass es nicht vorzeitig ausgeht, dann können Sie diese Methode anwenden.