Hybridmodelle bieten Robo-Advisor Services mit ergänzender persönlicher Beratung. Aber es geht in diesem Beitrag auch um beratungslose Robo-Services für traditionelle Anbieter.
Anlageberater und Vermögensverwalter inner- und ausserhalb von Banken sind oft skeptisch in Bezug auf Robo-Advisors. Viele interessieren sich dafür, aber wenige haben bisher etwas unternommen. Robo-Advisors ist es bisher offenbar nicht gelungen, viele Berater und Verwalter als Freunde zu gewinnen. Das ist auch kein Wunder.
Die meisten Robo-Advisors sind großspurig mit dem Anspruch angetreten, klassische Beratung und Vermögensverwaltung abzuschaffen. Jetzt zeigt sich, dass Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, denn nicht nur deutsche Robo-Advisors tun sich schwer mit der Kundengewinnung. Viele deutsche Robo-Advisors wollen daher jetzt mit klassischen Beratern bzw. Verwaltern und Banken kooperieren. Das macht auch für die Berater und Verwalter Sinn, wenn es richtig angegangen wird.
Um attraktiv für Berater und Verwalter zu sein, sollten Robo-Advisors diesen den Erhalt bisheriger Umsätze bzw. am besten den Ausbau von Umsätzen ermöglichen. Und das sollte natürlich profitabel für den Berater oder Verwalter sein. Das ist durchaus möglich.
Angenommen ein traditioneller Anbieter hat Einnahmen von 0,5% p.a. durch Provisionen von Fondsanbietern oder durch eine vom Anleger bezahlte Gebühr. Bei einem Anlagevolumen von 100.000 Euro ergibt das nur 500 Euro Umsatz pro Jahr. Aufgrund der bestehenden und neuen Regulierungen (z.B. MiFID II) ist so ein Kunde kaum profitabel zu bedienen. Neukunden zu akquirieren, die „nur“ 100.000 Euro anlegen wollen, macht auch aufgrund hoher Akquisekosten kaum Sinn.
Traditionelle Berater und Verwalter müssen sich also künftig auf Kunden mit höheren Anlagevolumina konzentrieren. Aber das Geschäft mit solchen Anlegern ist hart umkämpft. Das bedeutet höhere Akquisekosten und geringere Margen.
Da vermögende Neukunden schwer zu akquirieren sind, sollten Bestandskunden gehalten werden, selbst wenn man nur wenig mit ihnen verdient. Weil es traditionellen Anbietern auch aufgrund der neuen Konkurrenz durch Robo-Advisors und vor allem ETF-Anbieter kaum gelingen wird, die Preise anzuheben, muss man versuchen, die Kosten zu senken. Durch Automatisierung können Kostenreduktionen erreicht werden. Robo-Advice als vollautomatisierte Lösung für kleinere Bestandskunden kann daher sehr interessant sein.
Auch Robo-Advisors sind daran interessiert, Kunden mit attraktiven Volumina zu akquirieren. Wenn man davon ausgeht, dass die Akquise eines Kunden 500 Euro kostet, sind Anlagevolumina von dauerhaft nur 10.000 Euro selbst langfristig uninteressant, denn mehr als 0,5%, also 50 Euro pro Jahr, kann man mit einem Robo-Advisor nur schwer verdienen. Und 500 Euro Akquisekosten und 0,5% Marge sind eine optimistische Schätzung. Also auch Neukunden von Robo-Advisors sollten mittelfristig idealerweise Anlagevolumina von 50.000 Euro und mehr erreichen, um für die Anbieter interessant zu sein.
Man braucht daher einen Robo-Advisor, der für Bestandskunden traditioneller Anbieter, die bisher persönlich betreut wurden, und Neukunden, die sechsstellige Anlagen tätigen wollen, attraktiv ist. Dazu muss der Robo-Advisor mehrere Kriterien erfüllen.
Erstens muss die Bedienung bzw. User Experience so attraktiv sein, dass es dem Anleger nichts ausmacht, einen Großteil der Arbeit selbst zu erledigen. Der Robo-Advisor muss so außerdem so viele Informationen und Tools liefern, dass der Bedarf des Anlegers nach persönlicher Beratung auf ein Minimum reduziert wird.
Zweitens müssen die angebotenen Portfolios attraktiv sein. Mit einfachen starren Aktien/Anleihen Portfolios kommt man wohl nicht weit. Wahrscheinlich reicht es künftig auch nicht, nur ETF-Portfolios anzubieten, sondern es müssen vielleicht auch aktive Fonds, nicht-traditionelle Anlagen, direkte Aktienportfolios und Risikomanagement angeboten werden, um für Anleger mit Anlagevolumina über 100.000 Euro dauerhaft attraktiv zu sein.
Drittens wollen traditionelle Anbieter die Kontrolle über ihre Anleger behalten, zumindest sofern diese über 100.000 Euro anlegen können. Inzwischen gibt es auch in Deutschland einige Plattformen bzw. Robo-Advisors, die traditionellen Beratern oder Verwaltern nicht nur die für diesen nicht mehr attraktiven Kleinanleger abnehme sondern auch Private und White Label Lösungen anbieten. Die ideale Private Label Plattform sollte aus administrativen Gründen am besten mit den gleichen Depotbanken arbeitet, die der traditionelle Anbieter heute schon nutzt.
Viertens muss man natürlich auch am Anleger verdienen können. Letzteres heißt, dass man eine Gebühr von ca. 1% p.a. beim Anleger durchsetzen können muss, damit auch der traditionelle Anbieter bei geschätzten laufenden Kosten von 0,5% p.a. für eine Robo-Advisor Plattform noch etwas verdienen kann. Denn zusätzlich zum Robo-Advisor sollte der traditionelle Anbieter immer auch für begleitende Beratung bereitstehen, auf die deutsche Anleger besonders viel Wert legen. Das bedeutet, dass echte Hybridmodelle eingeführt werden müssen.
Hinweis in eigener Sache: Meine Firma Diversifikator (www.diversifikator.com) ist Anbieter von innovativen (ESG) Portfolios für anspruchsvolle Anleger traditioneller Anbieter aber auch für Robo-Advisors. Außerdem kann Diversifikator traditionellen Anbietern bei der Implementierung von kostengünstigen White- bzw. Private Label Robo-Advisors auf unterschiedlichsten technischen Plattformen und in Kooperation mit diversen Depotbanken unterstützen.