PRI Academic Network Conference 2014: Es gibt noch viel zu tun

Vom 22. bis 24.9. hatte ich das Vergnügen, an der o.g. Konferenz teilzunehmen. Ich bin kein großer Konferenz-Fan, aber auf dieser habe ich Einiges dazu gelernt. Veranstaltet wurde sie von den Principles for Responsible Investment Organisation. Teilnehmer waren vor allem Akademiker aus der ganzen Welt, die sich mit dem Thema Responsible Investment beschäftigen, aber auch einige namhafte „Asset Owner“, vor allem Altersversorger. Im Vorfeld hatten wir – Dr. Andrej Fetsun von Veritas und ich – unser Arbeitspapier „A quantitative approach o responsible investing“ eingereicht. 30 von 70 einreichten Arbeiten wurden selektiert und durften präsentiert werden. Ein Professor und ein Praktiker nahmen öffentlich zu den Papieren Stellung.

Es wurden etliche interessante Papiere präsentiert, die in Kürze veröffentlicht werden dürften. Vereinfacht zusammengefasst suchen die Autoren der Studien bzw. Arbeitspapiere nach „guten“ ESG (Environment, Social, Governance) Faktoren. Gute Faktoren sind solche, die Unternehmen bzw. Staaten („Anbietern von Finanzprodukten“) – auch in ihrer Rolle als Emittenten von Wertpapieren – bzw. solche Produkte direkt (z.B. Immobilieninvestments) verbessern. Verbessern bedeutet dabei die Renditen für Anleger steigern oder die Risiken für sie senken. Ich meine, dass ein anderer Ansatz mehr verspricht. Da ESG-Faktoren als generell „gute“ Faktoren gelten, sollten alle solche Faktoren für Unternehmens- und Staatsanalysen berücksichtigt werden, die Unternehmen bzw. Staaten nicht schaden. Man braucht also nur solche Faktoren explizit zu berücksichtigen, die eindeutig und spürbar negativ für Anleger sind. Wenn die Berücksichtigung von ESG-Kriterien nicht freiwillig erfolgt, kann man sogar für mehr Regulierung plädieren. Man könnte zum Beispiel verlangen, dass alle Investoren aus Fürsorge so handeln müssen. Sie müssen also zunächst wissen, welche ESG-Faktoren sich wie auswirken („Need to know“). Wenn nicht-negative ESG-Faktoren nicht berücksichtigt werden, müsste erklärt werden, warum das nicht gemacht wird (sogenannter „Comply or explain“ Ansatz).

Konferenzteilnehmer haben vor allem die Datenverfügbarkeit bemängelt. Doch die ist gar nicht so schlecht. Das o.g. Arbeitspapier verwendet bis zu 148 ESG-Daten für über 2200 Unternehmen, die seit 2009 erhoben werden. In dem Papier werden knapp 10 der 148 Faktoren identifiziert, die sich signifikant positiv auf die Rendite von Aktien auswirken können. In der nächsten Version der Studie, die aktuell in der Vorbereitung ist, soll explizit auch nach negativen Faktoren gesucht werden. Für die Umsetzung der Erkenntnisse gibt es mehrere Wege: Ausschluss von schlechten ESG-Investments (Exklusion), Fokus auf die jeweils besten ESG-Investments pro Branche, Land etc. (Best-in Class), Integration von ESG-Faktoren in die Finanzanalyse (Integration oder Inklusion) und Engagement. Da es sehr viele ESG-Kriterien pro Aktie bzw. Anleihe gibt und noch mehr Kombinationsmöglichkeiten zu ESG-Scores bzw. Ratings, gibt es sehr unterschiedliche Ansätze. Exklusion und Best-in Class Ansätze, die bisher dominierend waren, scheinen vor allem zugunsten von Engagement und Inklusion an relativer Bedeutung zu verlieren.

Veritas Investment verfolgt den Inklusions-Ansatz seit Anfang 2013. Alle direkten Aktieninvestments werden damit gesteuert, das sind ca. 50% der gesamten Assets von Veritas Investment. Auf der Konferenz hatte ein Anbieter einen Stand, der stolz damit wirbt, schon 10% der AUM nach ESG-Kriterien zu managen. 50% ist also sehr gut, vor allem auch im Vergleich zu anderen deutschen Anbietern. Auf der Konferenz wurde auch immer wieder gesagt, dass man „Bridging the Gap“ zwischen Wissenschaft und Praxis erreichen wolle. Auch in Bezug auf den Punkt ist Veritas recht weit. 2013 wurde dazu ein Projekt mit der Universität Leipzig gestartet, die mit Daten, die von Veritas zur Verfügung gestellt werden, Veritas ESG-Hypothesen und auch eigene ESG-Hypothesen überprüft. Andererseits erfüllt das o.g. Veritas-Arbeitspapier noch nicht alle akademischen Ansprüche. So wurde u.a. bemängelt, dass die Liste der potentiell einflussreichen ESG-Faktoren, die in dem Papier aufgeführt wird, nicht sauber aus der wissenschaftlichen Literatur abgeleitet wurde. Das stimmt. Da wir aber alle 148 zur Verfügung stehenden Faktoren getestet haben, war uns dieser Punkt nicht so wichtig. Aber wir versuchen, uns zu bessern. Es war keinesfalls beabsichtigt, Autoren früherer Studien den gebührenden Respekt zu verweigern.