Sind Robo-Advisors transparent und besser als traditionelle Vermögensverwalter?

Robo-Advisors versprechen besonders günstige, besonders gute und besonders transparente Kapitalanlagelösungen. Aber können sie das auch wirklich liefern?

Robo-Advisors haben meist niedrigere Gebühren als traditionelle Anbieter. Positiv ist ausserdem, dass Robo-Advisors einen „Anlageirrtum“ vieler traditioneller Anbieter vermeiden, indem sie auf kostengünstige passive ETFs statt auf meist teure sogenannte aktive Fonds setzen. Unabhängig von der Diskussion, wie aktiv „aktive“ Fondsmanager wirklich sind (siehe Stichwort „closet indexer“ bzw. Kennzahl „active Share“), ist die Selektion künftiger Index-Outperformer außerordentlich schwierig. Sogar institutionelle Consultants sind nicht gut in der Selektion aktiver Fondsmanager (In dem Journal of Finance wurde Mitte September eine Untersuchung veröffentlicht, nach der es institutionellen Consultants nicht gelingt, künftige Fondsgewinner zu identifizieren: „Picking Winners? Investment Consultants‘ Recommendations of Fund Managers“, von Tom Jenkinson, Howard Jones, Jose Vicente Martinez, Journal of Finance, Sept. 2016 basierend auf einem Arbeitspapier von 2014).

Diejenigen Robo-Advisors, die mit passiven Asset Allokationen wie 50/50 Aktien/Anleihen arbeiten, haben ausserdem auch niedrige Handelskosten und sind sehr transparent.

Das sind gute Voraussetzungen, um durch niedrigere Kosten höhere Renditen als traditionelle Anbieter erreichen zu können.

Die meisten Robo-Advisors arbeiten nicht mit einfachen starren Allokationen sondern mit Algorithmen für Asset Allokationen. Es ist vorab nur schwer vorhersehbar, wie viele Transaktionen ausgeführt werden und wie hohe Transaktionskosten anfallen werden. Besonders für geringe Anlagesummen können Transaktionskosten aber viel Rendite kosten.

Allerdings bestimmen meist die Asset-Allokationen, welche Anlageergebnisse erreicht werden.

An den Algorithmen gibt es vor allem zwei Kritikpunkte: Erstens wird befürchtet, dass die Algorithmen zu sehr ähnlichen Handelsentscheidungen kommen und sie so negative Trends verstärken können. Da Robo-Advisors selbst in den USA auch aggregiert noch sehr klein sind und auf längere Sicht auch bleiben werden, halte ich dieses Risiko für sehr gering.

Der zweiten Kritikpunkt betrifft die Qualität der Algorithmen (siehe z.B. Befragung des CFA Institutes: „46% think flaws in automated financial advice algorithms could be the biggest risk“). Viele amerikanische aber auch deutsche Robo-Advisors berufen sich auf den Nobelpreisträger Markowitz. Aber sogenannte Markowitz Optimierungen können je nach Input und Ausgestaltung zu höchst unterschiedlichen Allokationen führen (siehe dazu z.B. das Tool „Pseudo-Optimierer“ auf „meiner“ Internetseite www.diversifikator.com.).

Vergleichbares gilt für andere, etwas anspruchsvollere Algorithmen. Diese von einigen teilweise „Robo-Advisors der zweiten Generation“ genannten Anbieter verzichten z.B. auf die besonders schwierigen Renditeprognosen. Sie müssen aber immer noch Risiko- und Abhängigkeits- (Korrelations-)prognosen nutzen. Auch die Verwendung von Risikomaßen wie (Conditional) Value at Risk (VaR oder CVaR) hilft nicht viel weiter, weil weiterhin vielfältige Prognosen erforderlich sind. Ausserdem bedeutet eine Sicherheit von 95% nur, dass in 5% der Fälle Verluste eintreten können, die sehr hoch sein können.

Ergebnissimulationen können zudem viele mögliche Allokationsergebnisse aufzeigen. Die Transparenz für Kunden traditioneller Anbieter ist auch in den USA derzeit noch begrenzt: Nur 13% der US Vermögensverwalter bieten bisher Portfolio-Simulierungstools an. Das soll sich in den nächsten zwei Jahren aber auf ca. 40 bis 45% aller Vermögensverwalter erhöhen (s. Strategy&: 2016 Wealth Management Trends).

Dabei muss man zwischen zwei Arten von Simulationen unterscheiden. Im ersten Fall werden nur unterschiedliche Allokationen von Anlagen getestet, also z.B. 30/70 versus 70/30 Aktien/Anleihequoten. In dem Fall bleiben die Prognosen für die Renditen, Risiken und Korrelationen der Anlageklassen gleich. Im zweiten Fall können auch unterschiedliche Renditen, Risiken und/oder Korrelationen genutzt werden.

Auch bei Robo-Advisors sind solche Simulierungstools bisher nicht allzu häufig zu finden. Vielleicht befürchtet man dass damit klar wird, wie sensibel die meisten Allokationsmodelle auf kleine Inputänderungen reagieren (zu sehr unterschiedlichen Simulationsergebnissen siehe z.B. den „Pseudo-Optimierer“ auf www.diversifikator.com).

Daher ist Kritik von Anlageexperten, die vor dem Risiko schlechter oder falscher Modelle warnen, meines Erachtens berechtigt. Allerdings ist das keine Besonderheit von Robo-Advisors. Auch traditionelle Berater bzw. Vermögensverwalter können „falsche“ Modelle nutzen.

Anders als viele traditionelle Berater legen die meisten Robo-Advisors zumindest mehr oder weniger detailliert offen, wie sie grundsätzlich funktionieren. Da die meisten von ihnen regelbasiert arbeiten und nicht von kurzfristigen Entscheidungen einzelner Portfoliomanager oder Komitees abhängen, ist es hilfreich, diese Regelwerke zu kennen. Ohne Portfolio-Simulierungstools ist es aber schwer, Alternativen zu prüfen. Und je mehr Annahmen bzw. Prognosen in die Modelle eingehen, desto schwieriger ist es vorherzusehen, zu welchen Allokationen diese Modelle in der Zukunft kommen werden. Eine „Transparenz nach Vorne“ ist damit auch bei den meisten Robo-Advisors heute kaum gegeben.

Zusammenfassend kann man meines Erachtens daher feststellen: Robo-Advisors können Kosten senken und sie können die Kapitalanlage durch die Abkehr von der oft vergeblichen Suche nach „Outperformern“ verbessern. Damit sollten Robo-Advisors grundsätzlich bessere Renditen erreichen können als traditionelle Anbieter, obwohl sie nicht unbedingt die besseren Allokationsmodelle haben. Robo-Advisors sind auch keine Gefahr für die Kapitalmärkte. Aber die meisten Robo-Advisors schaffen nicht unbedingt viel mehr „Transparenz nach Vorne“ für Anleger als traditionelle Anbieter.

Interessenkonflikt- bzw. Werbehinweis: Meine Diversifikator GmbH (www.diversifikator.com) nutzt regelbasierte, robuste und transparente (ReTRo) Allokationen und stellt Allokationstools zur Verfügung bzw. verweist auf kostenlose derartige Tools, um eine möglichst hohe Transparenz auch nach Vorne zu ermöglichen.