Infrastruktur ist eine attraktive Anlageklasse: Es werden künftig gute Renditen bei relativ geringem Risiko erwartet. Der Aufbau eines direkten und diversifizierten Infrastruktur-Portfolios ist aber schwierig, selbst für Großinvestoren. Dafür sind die verlangten Mindestinvestments von meist mehreren Millionen Euro pro Projekt zu hoch. Infrastrukturaktien bzw. Fonds mit Fokus auf Infrastrukturaktien sind eine Alternative. In Deutschland gibt es aber nur wenige solcher Aktien, zum Beispiel Fraport oder den Hamburger Hafen. In den deutschsprachigen Nachbarländern kommen noch die Flughäfen Wien und Zürich hinzu, aber das war es denn auch schon fast an „echten“ Infrastrukturaktien.
Da viele Staaten aufgrund ihrer vielfach hohen Verschuldung Investitionen zum Qualitätserhalt bzw. Aus- oder Neubau von Infrastruktur nicht mehr bezahlen wollen, sind sie an privaten Investoren interessiert. Großinvestoren können daher wohl künftig direkt in Infrastruktur investieren (siehe Blogbeitrag „Autobahnraub“).
Aber was ist mit Kleininvestoren? Dazu bietet es sich an, eine oder mehrere Aktiengesellschaften zu schaffen, die in Infrastruktur investieren. Die Aktien der Gesellschaften können dann von allen Arten von Investoren gekauft werden, auch von der „kleinen Frau“. Die Aktiensgtruktur bietet sich an, weil sie börsennotiert werden können, was zu Liquidität führen sollte. Ausserdem unterliegen Aktien einer strengen Regulierung und hoher Transparenz.
Der Staat würde Infrastruktur direkt oder die Rechte zum Infrastrukturbetrieb an solche Aktiengesellschaften verkaufen können. Beispiel: Nicht die Autobahn wird verkauft, sondern „nur“ das Recht auf laufende Einnahmen vom Staat zur Unterhaltung und zum Ausbau der Autobahn und/oder das Recht, Gebühren für die Nutzung der Autobahn zu nehmen. Dafür hat der private Investor die Plicht zum Erhalt und Ausbau der Autobahn.
Sowohl „der Staat“ als auch die Aktionäre haben ein hohes Interesse an einem guten Management der Aktiengesellschaft. Mit der in vielen Ländern existierenden REIT-Struktur (REIT steht für Real Estate Investment Trust) gibt es ein gutes Vorbild für eine Infrastruktur-Aktiengesellschaft, die ich im Folgenden als Infra-Investment-Trust oder Infra-Trust bezeichne.
REITs sind stark beschränkte Aktiengesellschaften, die nur in klar definierte Immobilien bzw. Immobilienprojekte investieren dürfen. Sie müssen den ganz überwiegenden Teil (meist 90%) ihrer Gewinne an die Aktionäre ausschütten.
In den USA, die eine besonders lange REIT Erfahrung haben, gelten REITs als besonders gute Immobilieninvestoren mit besonders guten Immobilienportfolios. Ausserdem gelten sie als Aktien mit besonders guter Unternehmensführung („Governance“), zumindest im Vergleich zu klassischen Immobilienaktien, was unter anderem auf die Pflicht zur hohen Gewinnausschüttung zurückgeführt wird. REITs sind auf Unternehmensebene weitgehend steuerbefreit, Anleger müssen ihre Dividenden und Aktiengewinne jedoch versteuern. Ein ähnliches Modell gibt es in den USA mit den MLPs, den Master Limited Partnerships mit Fokus auf Energieproduktion.
Es gibt gute Argumente dafür, ein solches Modell auch für Infrastrukturfinanzierungen zu nutzen. Ähnlich wie bei Immobilien sollen private Investitionen gefördert werden. Wenn der Infra-Trust dem Staat Infrastruktur bzw. Infrastruktur-Rechte abkauft bzw. neue Infrastruktur bauen soll, braucht er viel Geld. Es macht wenig Sinn, wenn zusätzlich zu 100 Euro Investmentvolumen, die oft an den Infrastruktur-Verkäufer „Staat“ gezahlt werden, noch Steuern gezahlt werden müssen, die dann nicht mehr für Investments zur Verfügung stehen. Gewinne, die weitestgehend ausgeschüttet werden müssen, sollen aber vom Anleger versteuert werden.
Die Definition der zulässigen Infrastruktur ist schwierig. Nicht jeder versteht darunter das Gleiche, wie die teilweise sehr unterschiedlich zusammengesetzten Infrastruktur-Aktienindizes zeigen. Man sollte sich aber relativ schnell darauf einigen können, daß alles, was bisher an Netzen und Knoten (Energie, Transport, Wasser, Telekommunikation) überwiegend vom „Staat“ finanziert wurde, grundsätzlich dazu zählt. Nicht dazu gezählt werden danach mit Infrastruktur verbundene Services.
Als weiteres Kriterium kann man den grundsätzlich öffentlichen Zugang nennen, der zwar bezahlpflichtig sein kann, aber einzelnen Nutzern nicht ohne zwingenden Grund verweigert werden kann. Das kann für die sehr umwelt-beeinflussenden Netze von Gasröhren, Stromleitungen und Transportwege und die „Knoten“ wie Flughäfen und Häfen gelten.
Bei Telekommunikations-Satelliten sind da schon eher Fragen angebracht. Anders ausgedrückt: Wenn es eine geringen Umweltbeeinflussung und einen freien funktionierenden privatwirtschaftlichen Wettbewerb gibt, z.B. auch durch alternative Technologien wie Strom/Gas/Sonne/Wind etc. bei der Energieproduktion, ist die Zulässigkeit für steuerbefreite Infra-Trusts kritisch zu hinterfragen. Ähnliches gilt auch für zahlreiche soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser und Universitäten, die ebenfalls bereits einem privaten Wettbewerb ausgesetzt sind. Hierzu ist sicher noch Einiges an Diskussion vonnöten.
Grundsätzlich halte ich die Idee der Einführung REIT-ähnlicher Infra-Trusts für hervorragend geeignet, um auch der „kleinen Frau“ und dem „kleinen Mann“ direkten Zugang zu dieser attraktiven Anlageklasse zu geben. Damit würde den Gegnern der Autobahnfinanzierung durch Großinvestoren ein wichtiges Argument genommen.