Modellportfolio-Robos sind besser als „normale“ Robo-Advisors

Auch vermögende Anleger sind an digitalen Angeboten interessiert

Vermögensverwalter und Privatbanken sollten davon ausgehen, dass ihre Kunden intelligent und an Geldanlagen interessiert sind.

Auch vermögende Anleger sind an (digitaler) Transparenz und günstigen Angeboten interessiert. Oft wird sogar behauptet, sie seien besonderes knauserig.

Von liquiden Anlagen wird keine Outperformance erwartet

Gut informierte Anleger glauben nicht mehr an Outperformancemöglichkeiten in „normal laufenden“ liquiden Märkten. Anbieter von Geldanlagen wissen das. Sie suggerieren aber oft, dass sie Risiken in „schlechten“ Märkten besser reduzieren können als „passive“ Geldanlagen.

Einfache Allokationen sind oft besser als komplexe

In Marktkrisen haben passive Geldanlagen, z.B. 50/50 Allokationen zu Aktien und Anleihen, oft geringere Verluste gemacht als sogenannte „aktive Mischfonds“ (für Deutschland siehe z.B. in Söhnholz/Rieken/Kaiser S. 140-147). Stabilen Allokationen wie 50/50 ist es zudem oft gelungen, Marktaufschwünge besser mitzumachen als aktiv gemanagten Portfolios.

Ähnliches zeigen die bisherigen Performances in diesem Jahr. Das kann man feststellen, wenn man unter www.morningstar.de unter „Tools“ die Kategorierenditen von aktiv gemanagten Fonds analysiert. So haben flexible Mischfonds EUR bis zum 20.12. im Schnitt fast 8% Verlust gemacht. Ein 50/50 ETF-Portfolio hätte nur -2% Verlust eingebracht (siehe „Vergleichsportfolio“ auf www.diversifikator.com). 

Dabei habe ich nicht feststellen können, dass diskretionäre Mandate grundsätzlich besser oder schlechter laufen als quantitative Modelle (siehe Söhnholz/Rieken/Kaiser S. 117-119). Daher ist auch nicht zu erwarten, dass Robo-Advisors, die quantitative Modelle nutzen, besser sein werden als starre bzw. stabile Allokationen.

Das bedeutet, dass Anleger keine aktive, quantitative oder „pseudo-optimierte“ (siehe hier)Allokation zu Anlageklassen brauchen. Sie brauchen auch keine Selektion von aktiven Fondsmanagern. Passive Angebote, die zudem viel billiger sind, sollten daher auch für vermögende Anleger sehr attraktiv sein.

Verantwortungsvolle Angebote sollten mit Einzeltiteln umgesetzt werden

Es gibt aber andere Gründe dafür, nicht nur indexnachbildende Fonds (v.a. sogenannte ETFs, also Exchange Traded Funds) zu kaufen. Der Schweizer Softwareanbieter Evolute nennt zum Beispiel steuerliche Gründe für sogenannte Direct Indexing Angebote (siehe hier). Mit solchen Lösungen werden Indexperformances nachvollzogen, aber um individuelle steuerlich motivierte Käufe- und Verkäufe von Indexbestandteilen ergänzt. Das bieten z.B. auch die US Robo-Advisors Betterment und Wealthfront an.

In Deutschland spielen solche steuerlichen Überlegungen meines Erachtens kaum noch eine Rolle, da es keine Steuerunterschiede zwischen kurz- und längerfristigen Veräußerungsgewinnen mehr gibt.

Dafür möchten zunehmend mehr Anleger gerne verantwortungsvoll investieren. Traditionelle Indizes und selbst die meisten sogenannten verantwortungsvollen ETFs enthalten aber oft Titel, die nicht mit den individuellen Wertvorstellungen (vermögender) Anleger zusammenpassen (siehe hier). Direct Indexing in Deutschland wird daher künftig vor allem auf Direct ESG bzw. SRI Indexing hinauslaufen, wie es mein Unternehmen Diversifikator institutionellen Interessenten bereits anbietet.

Modellportfolio-Robos statt Standard Robo-Advice

Solche Direct Indexing Ansätze können mit Hilfe von „Modellportfolio-Robo-Advisors“ schon bald gut und relativ günstig automatisiert werden.

Was ich unter einem Modellportfolio-Robo verstehe: Voll-automatisierte Registrierungsmöglichkeit (Onboarding) für Neukunden, nicht voll-automatisierter (kriterienbasierter) Zugang zu mehreren Portfolios und automatisierte Umsetzung der Portfolios. Bei einem „normalen“ Robo-Advisor besteht in der Regel eine automatisierte (nicht individuell direktbeeinflussbar) Allokation in ein Portfolio, dass sich nur nach „Risikoklassen“ unterscheidet.

Gegenüber traditionellen Vermögensverwaltungen können Standard Robo-Advisors und Modellportfolio-Robos zu erheblichen Effizienzgewinnen bei den Anbietern führen. Wenn diese (teilweise) an Anleger weitergereicht werden, führen sie zu günstigeren Angeboten. 

Modellportfolio-Robos: Drei Plattformtypen

Man kann zwischen mehreren Typen von Modellportfolio-Robos zu unterschieden: Im weiteren Sinngehören Fondsplattformen dazu, also solche, die Zugang zu traditionellen (teuren)Fonds bzw. Dachfonds geben („Vertriebsplattformen“).

Eine zweite Plattformartbesteht aus Portfolios von professionellen Managern, die es nicht in Fondsform gibt, also eine Art Wikifolio von Profis. Mit einer solchen Plattform können Vermögensverwalter neue Portfolios testen bzw. effizient zusätzliche standardisierte Portfolios anbieten. United Signals hatte bzw. hat noch ein derartiges Geschäftskonzept. Das ist aus Anbietersicht deshalb wichtig, weil neue Fonds sehr teuer sind. Anleger kaufen aber Portfolios meist erst, wenn diese einen „echten“ Trackrecord haben.

Drittens sind proprietäre „Plattformen“ möglich, die Anlegern Zugang zu Portfolios nur eines Anbieters ermöglichen. Meine Firma Diversifikator bietet eine teil-automatisierte Plattform mit regelbasiert-optimierungsfreien Portfolios mit Schwerpunkt auf verantwortungsvolle Angebote an. Individuelle Risikotoleranzen werden durch Kombinationen einzelner Portfolios mit risikoarmen Anlagen („Cash“) gebildet. Die Plattform kann aber auch aus thematischen ETF-Portfolios bestehen, wie die Zeitgeist Portfolios von Werthstein, die allerdings künftig in Deutschland nicht mehr angeboten werden.

In Großbritannien gibt es circa 20 Modellportfolioplattformen, die stark wachsen (siehe hier)und auch der US Markt ist sehr groß und lukrativ für Anbieter (siehe hier).

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Modellportfolioplattformen und Robo-Advice ist die Art der Entscheidungsfindung. Beim typischen Robo-Advisor wird die Allokation zu Anlageklassen „pseudo-optimiert“. Ich bezeichne den Ansatz so, weil die Ergebnisse vor allem von den Modellrestriktionen (welche Anlagesegmente werden genutzt) und den Datenprognosen (für Renditen, Risiken und Korrelationen) abhängen. Dazu kommen Risikoeinschätzungen der Anleger, die ebenfalls oft modellabhängig sind.

Modellportfolioplattformen wie – im Retailbereich – Wikifolio erlauben den Anlegern aber in der Regel, Portfolios kriterienbasiert zu selektieren. Dabei sollten aber nicht vergangene Renditen im Vordergrund stehen, sondern z.B. wie „verantwortungsvoll“ ein Portfolio ist. Die typische künftige Modellportfolioplattform wird aber wohl Portfolios mehrerer Anbieter nutzen. Das macht die Selektion schwieriger. 

Modellportfolio-Robos sind besser für Berater bzw. hybride Ansätze

Die meisten – gerade auch vermögenden – Anleger, wollen nicht auf Berater verzichten. Sie wollen aber auch möglichst viel digitale Unterstützung haben. Daher gelten Kombinationen von persönlicher Beratung mit digitaler Unterstützung, sogenannte hybride Angebote, als besonders zukunftsträchtig (siehe hier).

Wenn eine Bank über einen typischen Robo-Advisor verfügt, kann ein Berater Kunden bei der Risikoeinschätzung beraten. Bei der standardisierten Umsetzung kann der Berater aber nur noch „technisch“ unterstützen und keinen Einfluss mehr auf das Portfolio nehmen. Das ist bei Modellportfolioplattformen anders. Hier kann der Berater auch bei der Portfolioauswahl weiterhelfen.

Das administrativ aufwändige sogenannte Onboarding von Neukunden kann dagegen vollkommen automatisiert ablaufen. Wenn die Portfolios regelbasiert sind, sind auch keine Eingriffe von Portfoliomanagern mehr nötig. Die Umsetzung von solchen Modellportfolios kann daher sehr einfach und effizient automatisiert werden. Solche Portfolios können daher sehr kostengünstig angeboten werden.

Vermögensverwalter sollten sich auf Finanzplanung und illiquide Anlagen fokussieren

Private Banker und Vermögensverwalter werden liquide Anlagen künftig daher wohl kaum mehr selbst (aktiv) managen. Sie werden auch nicht immer wieder neue Fremdprodukte mehr dafür selektieren (müssen), sondern können sich auf die begleitende Beratung von anspruchsvollen Anlegern z.B. in Bezug auf Finanzplanung und Modellportfolioselektion fokussieren.

Für nicht-liquide Anlagen wie Immobilien, Infrastruktur und Private Equity werden traditionelle Vermögensverwalter aber weiterhin sehr wichtig für die Allokation und Selektion von Investmentmanagern sein.

Modellportfolio-Robos: Ideale Digitalisierung für Bestandskunden und das Neukundengeschäft

Bisher gibt es kaum Angebote von effizienten Modellportfolio-Robos für anspruchsvolle deutsche Anleger. Es gibt erst recht keine Plattformen, die auch strenge oder sogar individualisierbare ESG Portfolios umfassen. Mit solchen Angeboten könnten Banken und unabhängige Vermögensverwalter Kunden aber wohl besser halten und vielleicht auch einige Neu- bzw. Fremdkunden und Selbstentscheider (wieder) für sich gewinnen.