Robo-Advisors sind automatisierte und standardisierte Vermögensverwaltungen. Klassische Vermögensverwalter mit KWG-Lizenz dürfen Kundenvermögen eigenständig und/oder im Kundenauftrag verwalten. Das Geschäftsmodell ist typischerweise auf individuelle Vermögensverwaltungen ausgerichtet, d.h. jeder institutionelle oder Privatkunde erhält ein individuell gemanagtes Portfolio. Die Anleger können, sofern sie es wünschen, über ihre Portfolios mitbestimmen. Die Individualität hat aber auch Nachteile. Der Vermögensverwalter kann so nur schwer zeigen, dass er etwas besonders gut kann bzw. was er besonders gut kann, denn die Anleger möchten üblicherweise nicht, dass ihre Portfolios öffentlich gemacht werden. Außerdem bestimmen die Anleger über ihre Portfolios mit, so dass auch eine anonymisierte Aggregation der Portfolioperformances wenig aussagefähig ist.
Ausserdem ist ein relativ großes Vermögen nötig, um eine individuelle Vermögensverwaltung, die sehr aufwändig sein kann, effizient und zur Kunden- und Vermögensverwalterzufriedenheit umzusetzen. Viele Vermögensverwalter sind daher dazu übergegangen, eigene Fonds anzubieten, in denen Anlagen mehrerer Kunden gepoolt werden. Solche Fonds sind oft als Publikumsfonds ausgestaltet und damit relativ transparent. Aber solche Fonds sind auch relativ teuer in der Auflegung und in der Verwaltung und lohnen sich daher oft erst ab ca. EUR 10 Millionen Anlagevolumen. Die Anzahl der Fonds, die ein Vermögensverwalter auflegen kann, ist damit begrenzt.
Um die Vermögensverwalterleistungen zu zeigen, ist eine Veröffentlichung von Musterportfolios eine Alternative zur Auflegung von Fonds. Musterportfolios sind viel günstiger aufzusetzen als Fonds. Aber auch Musterportfolios können in der Betreuung aufwändig sein. Das ist besonders dann der Fall, wenn viele Daten/Informationen benötigt werden, die Entscheidungen für die Musterportfolios nicht automatisierbar sind und wenn in den Portfolios viel gehandelt wird.
Musterportfolios kann man zum Beispiel mit Plattformen wie Wikifolio oder United Signals technisch effizient umsetzen. Wenn hohe Renditen erzielt werden, kann man über solche Plattformen auch Aufmerksamkeit für die Portfolios generieren. Viele KWG-regulierte Vermögensverwalter legen jedoch Wert auf Risikobegrenzung in den Portfolios ihrer Kunden und werden daher mit ihren Musterportfolios kaum übermässig hohe Renditen erwirtschaften. Damit werden sie auf den Ranglisten von Wikifolio et al. selten in den Renditeranglisten oben stehen und über solche Plattformen wohl kaum nennenswerte zusätzliche Aufmerksamkeit für ihre Services erreichen. Sie könne ihre Bestandskunden und Interessenten allerdings auf ihre Portfolios auf solchen Plattformen hinweisen und damit zusätzliche nachprüfbare „Track-Records“ schaffen. Ein Risiko dabei ist, dass der Kunde des Vermögensverwalters dort zahlreiche andere Portfolios sieht, die auf den ersten Blick besser laufen als das/die Portfolios seines Verwalters.
Zusätzliche daten- und handelsintensive Portfolios sind also nur mit hohem Aufwand und erheblichen Risiken umsetzbar. Portfolios mit geringen Daten- und Handelsanforderungen können allerdings gut zusätzlich als Musterportfolios auf einer eigenen Online-Plattform angeboten werden. Das Risiko, gegenüber anderen Portfolios schlecht abzuschneiden, besteht jedoch weiterhin. Es ist geringer, wenn nicht zu viele fremde Portfolios im direkten Vergleich zu sehen sind und wenn es nicht nur um hohe Renditen geht. Die Musterportfolios sollten aber trotzdem gut sein und idealerweise auch innovativ. Um eine solche Präsenz herzustellen, kann man auch mit Partnern zusammenarbeiten. So bietet z.B. Diversifikator Private-Label Lösungen an, bei denen Vermögensverwalter eigene Portfolios neben die von Diversifikator online stellen können. Auch eine Plattform mit Implementierungsunterstützung, die unter der Marke des Vermögensverwalters auftritt, kann schnell und kostengünstig umgesetzt werden. Damit kann der Vermögensverwalter seinen Kunden effizient „7/24“ Zugang zu weiteren Portfolios ermöglichen.
Man kann aber auch auf eigene Online Portfolios verzichten und seinen Kunden in Kooperation mit einem Robo-Advisor dessen Portfolios anbieten. Dafür muss der Robo-Advisor aber auch ausgerichtet sein. So sollte der Vermögensverwalter an den Kunden verdienen, die er auf die Robo-Plattform bringt. Außerdem sollte der Vermögensverwalter darauf achten, dass die Daten seiner Kunden vertraulich behandelt werden.
Hinweis: Dirk Söhnholz ist geschäftsführender Gesellschafter der Diversifikator GmbH.