Berater finden Robo-Advice gut, aber wissen nicht, was sie anbieten sollen

„68% der Berater sagen, dass Robo-Advice sie unterstützen kann. Erste Erfolge bei vermögenden Kunden“ nannte ich meinen letzten Blogbeitrag vom 4.8.. In „Investment News“ vom 9.8.2016 heisst es auf Basis derselben Studie, auf die ich mich beziehe: „Top advisors rejecting robo-advice model.“ Wer hat denn nun recht?

Ich bin selbst zunächst irritiert gewesen. Tatsächlich sagen nur 9% der US „Elite“-Berater (aber 25% der anderen Berater), dass sie in den nächsten ein bis zwei Jahren Robo-Advice anbieten wollen. Hinzu kommen noch die 7-8%, die schon Robo-Advice anbieten. Das ist aber durchaus konsistent mit den anderen Antworten. So sehen sich nur 6% der Elite-Berater (16% der anderen Berater) als solche, die Technologien sehr früh annehmen. 41% (31%) warten erst mal ab, bis die ersten Vorreiter damit erfolgreich sind und 37% (35%) nutzen Technologien erst, nach sie „well-established“ sind.

Wenn man sich die weiteren Antworten der Umfrage ansieht fällt auf, dass es offenbar noch eine erhebliche Unsicherheit gibt, welche Technologien den Kunden angeboten werden sollen. Die Entscheidung für die Art eines Robo-Advice Angebotes ist ja auch nicht einfach. Dabei geht es meiner Ansicht nach gar nicht einmal primär um Technologie, sondern darum , wie man einen Robo-Advice aufbauen sollte. In meinem Beitrag vom 25.7.2016 „Deutscher Robo-Vergleich: Investmentphilosophien und andere Unterschiede“ werden 17 mögliche Unterschiede zwischen Robo-Angeboten genannt und kein einziger davon ist rein technisch, sondern alle sind konzeptioneller Art.

Bei Diskussionen mit Banken bzw. Beratern zur Ausgestaltung möglicher White bzw. Private Label Robo-Advice Angebote wird klar: Viele Entscheidungen bzw. Festlegungen sind nötig und so kann es dauern, bis eine Bank bzw. ein Berater sich für eine konkrete Ausprägung bzw. einen Partner entscheidet

Interessant sind in dem Zusammenhang auch zwei weitere Studien. Holger Sachse von der Boston Consulting Group führt in einem Interview von Hansjörg Leichsenring im Bank Blog vom 8.8.2016 auf: „Die Kundenprofitabilität liegt bei Banken mit überdurchschnittlich digital agierenden Kunden um 38 Prozent höher als bei Banken mit durchschnittlich digital agierenden Kunden. Treiber sind dabei nicht nur die Kosten (die bei digitaler Interaktion natürlich auch geringer sind), sondern auch die Erträge. Kunden mit hoher digitaler Interaktion haben höhere Volumina, nehmen mehr Produkte in Anspruch und sind demnach für die Institute interessanter als weniger digitalaffine Kunden.“

Die aktuelle Capgemini Befragung von über 5000 sehr vermögenden Privatkunden ergibt Ähnliches. Im Bank Blog von Hansjörg Leichsenring von heute  mit dem Titel „Im Private Banking ist mehr Digitalisierung gefragt. Reiche Kunden verlangen digitale Lösungen für die Vermögensoptimierung“ heisst es z.B., dass die digitalen Kompetenzen bei der Auswahl von Beratern auch für sehr vermögende Anleger sehr wichtig sind. Es besteht ausserdem eine hohe Bereitschaft seinen aktuellen Berater zu verlassen, wenn er nicht über ausreichende digitale Angebote verfügt. Über 50% des Nettogewinns der Berater/Verwalter sind laut Capgemini so bedroht.

Es geht also meines Erachtens nicht darum, dass Banken bzw. Berater oder Vermögensverwalter kein Robo Advice anbieten wollen, weil sie es für eine schnell wieder verschwindende Modeerscheinung halten. Es geht auch nicht darum, dass sie Robo-Advice nicht anbieten wollen, weil sie es als schädliche Konkurrenz sehen. Meiner Meinung nach werden viele unabhängige deutsche Berater und Banken über kurz oder lang ganz sicher verstärkt beratungsunterstützende Online Services anbieten. Das wird aber kaum ein voll automatisierter Kundenservice sein oder ein voll automatisches Portfoliomanagement sein (s. auch mein Blogbeitrag vom 12.3.2016: Diversifikator: Neuer B-B „Semi-Robo“). Ich denke, dass hybride Modelle, in denen standardisierte Online- und persönliche Services kombiniert werden, künftig vorherrschen werden (s. auch mein Blogbeitrag vom 20.4.2016: Robo-Advisors und Banken werden künftig kooperieren (Hybrid-Modelle): Nicht „ob“ sondern „wie“ ist die Frage).