Kaum jemand kann all die neuen Studien zu verantwortungsvollen Investments und Robo-Advisors lesen. Hier ist wieder ein Versuch, den Information Overload zu reduzieren.
ESG-Now nenne ich diesen Beitrag, weil sich aktuell so viel zu dem Thema tut. Kaum jemand kann all die neuen Studien zu verantwortungsvollen Investments und Robo-Advisors lesen. Hier ist wieder ein Versuch, den Information Overload zu reduzieren. Für zusätzliche Hinweise bin ich auch immer dankbar. Dadurch ist z.B. meine Liste von Robo-Advisors mit nachhaltigen Angeboten in den letzten Wochen um 8 Anbieter gewachsen (s.u.).
ESG-Now: Umweltresearch
Wer sich für Luftqualität interessiert, sollte sich den Air Quality in Europe – 2019 Report der Europäischen Umweltagentur vom 16. Oktober ansehen. Schon in der Zusammenfassung auf Seite 7 wird deutlich, wie schlecht es um die Qualität steht. Meine Meinung: Besonders beunruhigend finde ich: “Air pollution also has considerable economic impacts, cutting lives short, increasing medical costs and reducing productivity through working days lost across the economy.” Und “Lower socio-economic groups tend to be more exposed to air pollution ….” (S. 8).
Studie:
Klimawandel macht jungen Menschen gesundheitlich zu schaffen schreibt Jörg
Droste am 9. Oktober auf Cash Online über die Studie „Zukunft Gesundheit 2019“
der Schwenninger Krankenkasse und der Stiftung „Die Gesundarbeiter“. In dem
Beitrag heißt es u.a.: „41 Prozent der 14- bis 34-Jährigen macht der
Klimawandel körperlich zu schaffen, und 45 Prozent sprechen von einer
psychischen Belastung. Interessanterweise sind Frauen mit 51 Prozent davon
stärker betroffen als Männer (39 Prozent).“
“Revealed: the 20 firms behind a
third of all carbon emissions” scrheiben Matthew Taylor and Jonathan Watts am 9. Oktober im
Guardian unter Berufung auf Richard Heede vom Climate Accountability Institute
aus den USA. Diese “spend billions of pounds on lobbying governments and portraying
themselves as environmentally responsible”. Mein Kommentar:
Das Geld sollte besser in Emissionsreduktionen investiert werden.
Justin Fox schreibt am 2. Oktober einen interessanten
Beitrag bei Bloomberg mit dem Titel “Are
Burgers Really That Bad for the Climate?”. Er zeigt darin Datenprobleme bei
der Berechnung des CO2 Fußabdrucks von Viehwirtschaft auf.
Einen guten Überblick zum „The
Business Case for Carbon Capture“ haben Alex Dewar und Max Sudmeijer von der
Boston Consulting Group am 24. September veröffentlicht. Kritik an dem Ansatz
findet man darin jedoch nicht.
Und in Flipping the Script on Climate Action schreiben Jens Burchardt und mehrere Co-Autoren der Boston Consulting Group am 20. September, dass “the Global Risks of Inaction Are Escalating”. Sie schreiben aber auch, dass “the Costs of Taking Action Are Vastly Overestimated” und Vergleichbares in Bezug auf (technische) Risiken.
ESG-Now: Soziales
“Wohnungsnot
gibt es nicht!” heißt ein Beitrag vom 14. Oktober bei Cash online von
EBZ-Professor Dr. Günter Vornholz. Mein Kommentar: Ich stimme ihm zu,
dass wir lieber von Wohnungsknappheit reden sollten. Ich stimme diesen Sätzen
aber nicht zu: „Das eigentliche Problem ergibt sich durch die Finanzmärkte, da
die Investorennach renditestarken Anlagealternativen suchen und bei Immobilien
finden. Daraus resultieren die exorbitanten Preissteigerungen, die Anlass für
Proteste und Sorgen um eine Preisblase sorgen.“ Meiner Ansicht liegt das
Problem zu einem Großteil an höheren Ansprüchen, die sich durch stark
gestiegene Wohnflächen pro Bewohner ausdrücken. Mein Projekt „dagegen“ ist
allerdings bisher noch nicht erfolgreich.
ESG-Now: Reporting
Das TCDF Good Practice Handbook der Climate Disclosure und der Sustainability
Accounting Standards Boards vom September kann sehr hilfreich sein: “The TCFD
Implementation Guide introduces the Task Force on Climate-related Financial
Disclosures’ (TCFD) reporting principles and requirements. It offers key action
steps for companies to take to lay the groundwork for effective climate-related
financial disclosures.” Es enthält unter anderem ein Beispielreporting
der BASF.
In “Accounting for Climate: The next
Frontier in ESG”
von Standard & Poors vom 11. Oktober findet man ein paar interessante
Zahlen.
ESG-Now: Fehlende Konzepte und falsche Stimmrechtsausübungen
Besonders bemerkenswerte
Ergebnisse der am 26. September veröffentlichten „DVFA Umfrage:
Wie stehen die Investment Professionals in Deutschland zu Sustainable Finance“ aus meiner Sicht: Obwohl es
sehr viele Nachhaltigkeitsinitiativen und Clubs gibt, konstatieren fast die
Hälfte der befragten Analysten eine „Mangelnde Vertrautheit vieler Vorstände
und Aufsichtsräte mit Nachhaltigkeitsanforderungen“ und fast 60% „Wissens- und Erfahrungsdefizit
vieler Akteure in der Finanzindustrie“.
Dazu passt,
dass Institutional Money am 8. Oktober schreibt: „Nur jeder vierte Institutionelle hat Konzept
für nachhaltige Anleihen“. In Bezug auf eine Studie von NN Investors. Auch nur etwa die
Hälfte hat ein Aktienkonzept. Anleihen machen aber meist den weitaus größten
Teil der Kapitalanlagen dieser Anleger aus.
Mein Kommentar: Dabei ist es doch einfach, ein Konzept zu entwickeln,
siehe z.B. https://prof-soehnholz.com/impactesg-innovatives-mischfondsprojekt-der-von-der-heydt-bank/.
Am 3. Oktober schreibt Valerie Volcovici bei Reuters den
Beitrag „World`s
largest banks lagging in sustainble finance: report“. Dort heißt es in Bezug
auf einen Bericht des World Resources Institutes zu den 50 größten privaten
Banken: „Only 23 of the world’s 50 largest private banks made commitments to
finance projects for sustainable energy. Among those 23 banks with commitments, the average annual level of fossil
fuel finance between 2016 and 2018 is nearly twice the annualized amount of
sustainable finance commitments. Only seven banks had annualized sustainable
finance targets greater than the amount of finance they provide for fossil
fuel-related transactions.”
In “Church pensions investor calls out
proxy advisers over climate voting advice” schreibt Susanna Rust am 9. Oktober auf IPE
online. Dabei geht es um die Reaktion darauf, daß „ISS and Glass Lewis had
decided not to recommend investors vote in favour of a climate lobbying shareholder
resolution at BHP.”
ESG-Now: Gute Renditen
Der International Monetary Fund widmet in seinem Global
Financial Stability Report vom Oktober 2019 ein ganzes Kapitel (6)
nachhaltigen Fonds. Wie erwartet, werden zahlreiche Statistiken gezeigt, die
aber nichts grundsätzlich Neues bringen. Doch der IMF findet beruhigenderweise
auch, dass nachhaltige Fonds keine Perfomance kosten oder systematisch teurer
sind als traditionelle Fonds.
Am 23. September schreibt Nick Reeve von IPE über eine Befragung sogenannter professioneller Investoren von NN Investment Partners im Beitrag „Chart of the Week: Investors ‘still believe ESG investing limits returns“: “German investors were most pessimistic, with 80% saying responsible investment strategies would reduce investment returns”.
ESG-Now: Geringere Risiken und attraktive Impactansätze
In “Environmental Hazards and risk
management in the financial sector: A systematic literature overview” von Miriam Breitenstein, Duc Khuong
Nguyen und Thomas Walther heißt es in einem Arbeitspapier von der Uni St.
Gallen vom Juli 2019 in der Zusammenfassung: “Our results put forward the risk
reduction for financial institutions which highly commit with environmental
responsibility and performance.”
Kritischer schreiben die Harvard-Professoren Michael Porter, George Serafeim und Mark Kramer unter dem Titel „Where ESG Fails“ am 16. Oktober bei Institutional Investor. Mein Kommentar: Die Autoren schreiben nur, dass man mit passiven ESG Ansätzen nicht unbedingt Outperformance erzielt, was auch kaum jemand behauptet. Und sie werben mit vielen guten Beispiele für „profit driven social impact“, den sie „shared value“ nennen“. Ich fände es sehr schön, wenn das künftig wirklich Outperformance liefert, was aber noch zu beweisen wäre. Meiner Meinung nach gilt aber sicher: Anleger sollten bei gleichen Performanceerwartungen lieber Geldanlagen mit besseren ESG oder Shared Value Profile selektieren.
In Doing well while feeling good schreibt Ola Mahmoud am 20. September
über einige Feldexperimente mit Privatpersonen, die besonders für Marketingstrategen
interessant sein können.
ESG-Now: Nicht nur in den USA
In “Why Invest Internationally in
Companies with Strong ESG Practices?” Zeigt Scott LaBreche von Impax Asset
Management, dass Investments in gute non-US ESG Aktien auch gute
risikoadjustierte Performance liefern kann.
Andrew Willis von Morningstar schreibt am 8. Oktober über „ESG
Investing in Emerging Markets“. Auch dort schadet ESG Investing offenbar nicht: “The MSCI Emerging
Markets ESG Leaders Index has delivered stronger annualised returns than
non-ESG emerging markets peer over both five and 10 year periods.”
China through an ESG Lens heisst es im September von MSCI. Chinesische Unternehmen verbessern ihre ESG-Ratings, aber das muss beachtet werden: “79% of Chinese companies in our peer set have controlling shareholders, which maintain a strong influence. The most common concerns relate to companies failing to have a majority of the board qualify as independent …”.
Traditionelle Investments: Aktiv ist nicht so gut
Die
heimlichen Stars der Mischfonds-Manege: gemischte ETFs heißt ein Beitrag
von Ali Masarwah von Morningstar vom 20. September. „Es
fing mit einer Analyse meiner Kollegin Barbara Claus zu aktiv verwalteten
Mischfonds an. Unsere Fondsanalystin – aktiv verwalteten Fonds durchaus
zugewandt – musste konstatieren, dass die Asset Allocation Produkte zuletzt –
wieder einmal – erschreckend schwach abgeschnitten haben.“ Mein Kommentar:
Aber auch die von Masarwah genannten besten passiven Mischfondsportfolios tun
sich schwer im Vergleich zu einer 60/40 ETF Allokation (siehe auch https://prof-soehnholz.com/warum-sich-das-weltmarktportfolio-so-gut-entwickelt/).
Interessant ist auch dieser Hinweis: „Der ComStage Vermögensstrategie Offensiv wurde erst im März 2018 aufgelegt. Das ist angesichts der klaren Systematik kein Problem: Wer diversifiziert und aktien-orientiert (und passiv!) investieren will, weiß, was er hier bekommt.“ Mein Kommentar: Ein kurzer passiver guter Trackrecord ist besser als ein langer schlechter aktiver, oder? Im Vergleich fehlen aber die attraktiven passiven „Misch“-Portfolios von meiner Firma Diversifikator. Vergleichen Sie selbst: www.diversifkator.com. Dummerweise nutzt Diversifikator schon seit dem Start bewusst eine seitdem kaum zu schlagende 50/50 Benchmark (siehe auch die anpassungsfähigen Grafiken unter der Performancetabelle, z.B. das ESG ETF-Portfolio im Vergleich mit 50/50). Wenn aktive Mischfonds das auch machen würden, wären sie wohl schon länger (fast) ausgestorben.
Auch für aktive
Aktienmanager sieht es nicht so gut aus: Ben Carlson fragt am 11. Oktober „Where Have all the Stock Market Wizards
Gone?“.
Der bekannte Buchautor Larry Swedroe schreibt am 4. Oktober auf dem Blog von The
Evidence Based Investor über “The facts on active share and
outperformance”
kritisch über “Active Share”: “Given the evidence, there doesn’t seem to be a
logical explanation for the phenomenon other than a high active share is a
necessary ingredient for outperformance. Unfortunately, it’s not a sufficient
one”.
Auch alternative und KI Investments überzeugen nicht immer
Barry Ritholz spricht am 16. Oktober kritisch über Private
Equity und Hedgefonds Investments durch US Universitätsstiftungen: Same
Old Mistakes from Ivy League Endowments (siehe auch Bloomberg Opinion vom
10.10.).
Zumindest für das Investmentmangement ist auch künstliche
Intelligenz bisher nicht überzeugend (siehe https://www.institutional-money.com/news/theorie/headline/kuenstliche-intelligenz-mit-ihrer-fondamanagement-kompetenz-am-ende-156623/).
In dem Beitrag vom 7. Oktober wird auch auf einen Index verweisen, der künftig
beim Vergleich helfen kann, der Eurekahedge Artificial Intelligence Hedge Fund
Index.
Robo-Advisors und Modellportfolios haben doch eine Zukunft
Bisher bieten Robo-Advisors überwiegend sehr ähnliche ETF-Portfolios
an, die nur ihren Anleiheanteil abhängig von der Risikoeinschätzung des
Anlegers variieren (für Deutschland siehe aktuell z.B. https://prof-soehnholz.com/robo-esg-verantwortungsvolle-online-investments-im-vergleich/).
Aber das ändert sich.
Oisin Breen schreibt am 8. Oktober auf RIABiz: “New
class of robos lay siege to ‚antiquated‘ target-date-funds (TDF) market”. Der
Target Date Fondsmarkt in den USA ist sehr groß, weil diese für einen Großteil
der Altersvorsorge genutzt werden. Das gilt vor allem für die betriebliche
Altersvorsorge (u.a. 401k), für die oft „Auto-Enrollment“ genutzt wird (auch
als Opt-Out Modell bezeichnet). Mitarbeiter müssen der Nutzung also explizit
widersprechen, was nicht allzu viele tun. Auch Target-Date Fonds nutzen oft
einheitliche Portfolios, die zum Ende der Laufzeit des Fonds ihren
Anleiheanteil erhöhen (siehe auch https://riabiz.com/a/2013/7/22/why-target-date-funds-fail-in-the-one-area-theyre-supposed-to-succeed-downside-protection).
Die hohe Standardisierung wird in dem aktuellen
RIABiz Beitrag kritisiert: „The notion that two, say, 45-year-olds at the same company
with the same job, same salary, same prospects for job growth should invest
identically based solely on their age, when one might be married with kids and
a mortgage and the other might be single and, oh, slated to inherit a goodly sum
from aging parents, is totally bankrupt“ (Daniel Wiener).
David Blanchett von Morningstar sagt: „As the
cost of personalization continues to decline, I think it is likely that more
plan sponsors and investors will seek ‚robo” solutions.'“ Oisin schreibt
dazu: Morningstar, which manages $147.6 billion in workplace retirement assets,
and a further $69.4 billion in investment assets, launched a fresh 401(k)
service for RIAs in April. The system combines automated advice with model
portfolios, again, customized to changing risk-levels and goals.” (RIAs
sind US-registrierte Investmentberater). Mein Kommentar: In Deutschland
sind Modellportfolios leider noch wenig erfolgreich (s. z.B. https://prof-soehnholz.com/modellportfolio-robos-sind-besser-als-normale-robo-advisors/).
ESG-Now: verantwortungsvolle Robos und Direct Indexing werden
wichtiger
Auf Biallo heisst es zuerst
am 11. Oktober von Max Geissler und Lars Becker: „Nachhaltige
Geldanlage: Immer mehr Robo-Advisor werden grün“. Meinen Beitrag vom 25.
August zu dem Thema haben die Autoren wohl leider übersehen (siehe https://prof-soehnholz.com/robo-esg-verantwortungsvolle-online-investments-im-vergleich/).
Inzwischen habe ich, teils dank Blogleserhilfe, weitere Anbieter gefunden und
in meinen internen aber noch nicht veröffentlichten Vergleich aufgenommen:
Klimafonds, Peningar, Savity aus Österreich, Wevest, Peaks, Fairr, das m.E.
besonders interessante Yova aus der Schweiz, und Greta’s Choice. Mein
Kommentar: Ich würde mich freuen, wenn nach dem leider nicht mehr aktiven
United Signals auch andere (Robo) Advisors (PureESG-)Portfolios von
Diversifikator anbieten würden.
Der sehr renommierte US-Experte für Vermögensverwalter Michael Kitces schreibt in
“The
Latest In Financial Advisor #FinTech” am 7. Oktober u.a. über die neuen
Zero-Fee Brokerangebote, den Kauf von Ethic Investment durch Fidelity um
maßgeschneiderte Direct ESG Indexing Angebote anzubieten, andere neue Direct
Indexing Angebote und das starke Wachstum von Wealthfront durch attraktive
Geldmarktanlagen (siehe auch https://prof-soehnholz.com/must-have-esg-neues-zu-schlechten-agrarsubventionen-und-erdgas-guten-robo-advisors-und-direct-indexing/).
Finanzberater sind ihr Geld oft wert
Cynthia Pagliaro und Stephen Utkus von Vanguard haben im September eine neue Studie mit dem Thema „Assessing the value of advice“ veröffentlicht. Ergebnis der sehr umfassenden Studie ist u.a.: “We found that advice led to meaningful changes for most. It materially altered equity risk-taking for two-thirds of the sample, reduced cash holdings for nearly three in ten investors, and eliminated home bias for over 90%.” Interessant: Es wurden „portfolio, financial, and emotional outcomes“ untersucht. Cullen Roche hat die Studie am 25. September unter dem Titel „How valuable is financial advice“ kommentiert. Mein Kommentar: In Abbildung 4 (S. 5) der Studie zeigt sich, dass nach der Beratung die Anleger aller Risikoklassen um die 60% Aktien halten. Ob die Reduktion der Aktienquote bei „dynamischen“ Anlegern zu Gunsten der Anleihequote so gut ist, bezweifele ich. Grundsätzlich bin ich aber ein Anhänger von „hybriden“ Konzepten, siehe z.B. https://prof-soehnholz.com/hybridmodelle-worauf-traditionelle-finanzdienstleister-bei-robo-advisors-achten-sollten/