Modellportfolios in Großbritannien: Ein sehr großer, wachsender und profitabler Markt

Mein vorheriger Beitrag hiess: „Mit Modellportfolios kann man sehr viel Geld verdienen“. Der Beitrag bezieht sich auf die USA. Großbritannien hat aber mehr Erfahrung mit solchen Plattformen.

20 Modellportfolioplattformen

Zu Großbritannien hatte ich nur Folgendes geschrieben: „Die britische Finanzaufsicht FCA hat 20 Modellportfolioplattformen identifiziert, von denen 14 ausschliesslich Modellportfolios anbieten während 6 zusätzlich auch Multi-Manager Fonds offerieren (s. Valentina Romero, FCA to review model portfolios in platform probe, www.moneymarketing.co.uk, 17.7.2017).“

Das hat mich neugierig auf den britischen Modellportfoliomarkt gemacht. Weitere Recherchen haben interessante Ergebnisse gebracht: Der UK Modellportfoliomarkt ist erheblich älter als der US Markt, riesig und wächst sehr stark. Auch die möglichen Verdienstmargen sind für Anbieter sehr attraktiv. Hier sind die Ergebnisse der kurzen Recherche:

Riesiges und stark wachsendendes Plattformgeschäft

Der sogenannte Finanz-Retailmarkt des United Kingdom hat ungefähr ein Volumen von 889 Milliarden Pfund, also ca. 1000 Milliarden Euro (diese und die weiteren hier genannten Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2016 und stammen von der britischen Aufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA): Investment Platforms Market Study Terms of Reference, Juli 2017, vor allem S. 15, bzw. aus den dort genannten Quellen).

Für knapp über 600 Mrd. Pfund werden Anlageberater genutzt. Seit der Finanzkrise in 2008 bzw. dem Verbot der Zahlung von Vertriebsprovisionen zu Anfang 2013 wächst vor allem das Plattformgeschäft sehr stark (S. 3 und S. 20). Inzwischen werden etwa 80% des gesamten Retailgeschäftes über Plattformen abgewickelt (FCA S. 3 und 15). Dabei sind einkommensstarke und vermögende Anleger offenbar besonders aufgeschlossen für die Nutzung von Plattformen.

Anbieter sind Unabhängige, Versicherungen und Banken

Die größten Plattformanbieter sind unabhängig von anderen Finanzdienstleistern und in Deutschland nicht präsent. Plattformen für Berater werden vor allem von Versicherungen wie Aviva, Aegon, Zurich, Old Mutual, Standard Life angeboten und Selbstbedienungsplattformen vor allem von Banken wie Barclays und HSBC aber auch von Fidelity (S. 7). Sechs der zehn größten Plattformanbieter verfügen über eigene Asset Manager (S. 7).

Plattformen bieten klassische Investmentfonds, ETFs, Multi-Manager bzw. Dachfonds und Modellportfolios an. Die Angebote werden vom Plattformanbieter bestimmt. Offenbar sind meist um die einhundert unterschiedliche Assetmanager auf einer Plattform vertreten.

Großer Anteil von Modellportfolios

Modellportfolios haben bei den Anlegern, die Berater nutzen, einen Anteil von 38%. Selbstberater nutzen zu 24% Modellportfolios (S. 23). Modellportfolios bestehen offenbar ausschliesslich aus Fonds und nicht aus einzelnen Wertpapieren (S. 5). Insgesamt nutzen ungefähr genauso viele Anleger Modellportfolios wie Multi-Asset Fonds, die in Deutschland besonders populär sind.

Aufgrund der großen Bedeutung von Plattformen führt die britische Aufsicht gerade eine Studie durch, deren Ergebnisse Mitte 2018 veröffentlicht werden sollen. Wahrscheinlich kann man dieser Studie entnehmen, ob und falls ja welche Lehren es für Deutschland geben kann.

Der Asset Management Report der britischen Aufsicht (Financial Conduct Authority (FCA): Final Report Asset Management Market Study, Juni 2017) hatte interessante Erkenntnisse gebracht:

Anbieter verdienen viel Geld mit aktiven Fonds

Obwohl die britische Assetmanagementbranche die zweitgrößte der Welt ist (S. 3), mehr als 100 Milliarden Anlagevolumen „aktiver“ Fonds „sehr nah am Index gemanagt werden“ (S. 5) und die Gebühren für passive Fonds seit 2009 relativ stark gesunken sind (S. 35/36), gibt es kaum Preiswettbewerb zwischen aktiven Fondsanbietern (S. 4). Selbst institutionelle Anleger scheinen kaum preissensibel zu sein, wie die Sorge der Aufsicht in Bezug auf den als sehr gering wahrgenommen Wettbewerb bei institutionellen Consultants zeigt (S. 5).

Das zeigen auch die Modellportfoliogebühren: Wie mit TAMPs in den USA (s. vorheriger Blogbeitrag) kann man auch in Großbritannien gut damit verdienen. Die Nutzung der Modellportfolios der Plattformen kostet zwischen 0,6% und 1,6% pro Jahr. Dazu kommen noch Nutzungsgebühren für die Plattformen von meist 0,25% bis 0,45% pro Jahr (siehe „How to find the cheapest DIY model portfolios or online wealth manager“, in www.This is money.com, 19.5.2016). Und Kosten für Berater, sofern welche genutzt werden, müssen noch dazu gerechnet werden.

Günstige deutsche Plattformen könnten interessant sein 

So teure Musterportfolioplattformen brauchen wir in Deutschland nicht. Da kann man gleich teure aktive Fonds kaufen.

Günstige Portfolios von ETFs und anderen Indexfonds oder auch Portfolios aus einzelnen Wertpapieren, die man über Berater und Plattformen kaufen kann, könnten aber auch für deutsche Anleger interessant sein. Solche Plattformen hätten ein wesentlich breiteres Angebot als Robo-Advisors und könnten Beratern und Anlegern sehr viel Transparenz liefern. Die vollautomatische Umsetzung solcher Portfolios bei günstigen Depotbanken könnte für viele Selbstentscheider attraktiv sein.

Berater könnten sich so auf die Finanzplanung und individuelle Beratung konzentrieren und das Portfoliomanagement, mit dem sowieso kaum Outperformance generiert werden kann, an Modellportfoliostrategen delegieren.