SDG ETF-Portfolio: Fokus auf relativen statt auf absoluten Impact
Wenn man streng ist kann man kritisieren, dass mit Aktien-ETFs kein zusätzliches Geld an Unternehmen fließt und deshalb auch kein absoluter Impact erreicht werden kann. Andererseits sollte man liquide Geldanlagen tätigen und nicht nur illiquide (Impact) Investments. Diese liquiden Anlagen sollten so verantwortungsvoll wie möglich sein.
Zwar kann man mit wenig Geld kaum Aktienkurse bewegen, aber das spricht nicht dagegen, möglichst vorbildlich zu investieren und auch darüber zu reden. Je mehr Nachahmer man findet, umso stärker können die Effekte sein. Diesen Ansatz nenne ich Relative Impact Investing (vgl. Absolute und Relative Impact Investing und Additionalität – Verantwortungsvolle (ESG) Geldanlage (prof-soehnholz.com).
SDG ETF-Portfolio: „Most-passive” Ansatz
Wie alle Portfolios von Diversifikator folgt das SDG ETF-Portfolio der RETRO Investmentphilosophie. RETRO steht dabei für regelbasiert, evidenzbasiert, transparent, robust und optimierungsfrei (vgl. https://diversifikator.com/de/wp-content/uploads/Das-Diversifikator-Buch.pdf).
Weil das Portfolio auch für Anlagevermittler geeignet sein soll, besteht aus mehreren Fonds. Für andere Kunden gibt es seit 2017 bereits ein relativ konzentriertes SDG ESG-Portfolio aus Aktien (vgl. Impact+ESG: Innovatives Mischfondsprojekt der von der Heydt Bank – Verantwortungsvolle (ESG) Geldanlage (prof-soehnholz.com).
Wenn möglich, nutzt Diversifikator ETFs und keine aktiven Fonds. Exchange Traded Fonds (ETFs) sind typischerweise günstige Indexfonds. Gegenüber aktiven Fonds haben sie zudem den Vorteil, dass sie vorhersehbarer sind, weil sie regelbasiert sind. So weiß man eher, welche Wertpapiere warum im Portfolio vertreten sind und hat dadurch mehr Transparenz.
Als konzeptioneller Rahmen für ein solches Weltverbesserungsportfolio bieten sich dabei die 17 Sustainable Development Ziele der Vereinigten Nationen an. Das bedeutet, dass nur ETFs in das Portfolio aufgenommen werden sollen, die diese Ziele fördern. Um passende Fonds zu finden, kann man dabei mehrere Wege gehen.
SDG ETF-Portfolio: Kein Impact-Index Ansatz
Es ist naheliegend, für ein SDG ETF-Portfolio nur Impact-ETFs zu selektieren. Das Problem dabei ist, dass es bisher in Deutschland noch keine als solche bezeichneten Impact-ETFs gibt. Es gibt sogar nur wenige bekannte Impactindizes, auf die sich solche ETFs beziehen könnten. Und die Impactindizes die es gibt, sind mir nicht konsequent genug.
So nehmen die Impactindizes von MSCI Unternehmen auf, die mindestens 50% ihres Umsatzes mit den folgenden Themen machen: Basic Needs, Empowerment, Climate Change, Natural Capital und Governance (siehe hier). Selbst wenn man annimmt, dass die genannten Segmente voll im Einklang mit den SDG stehen, können so bis zur Hälfte des Umsatzes der Indexbestandteile mit einem nicht-SDG-Fokus gemacht werden können. Insbesondere ist dabei unklar, ob dieser nicht-kompatible Umsatz sogar schädlich im Sinne der SDG sein könnte, z.B. wenn er mit zu viel CO2-Produktion verbunden wäre.
Beispiele für möglicherweise unattraktive Indexbestandteile sind Johnson Matthey, die stark im Bereich der Metallrohstoffe und traditioneller Energie tätig sind, und Procter und Gamble, die beide zu den Top 10 Positionen in Impactindex von MSCI gehören (siehe hier). Das ist Anlegern, die Geld verantwortungsvoll anlegen wollen, nur schwer zu erklären.
SDG ETF-Portfolio: Branchenbasiertes Konzept
Alternativ kann man nur ETFs wählen, deren Bestandteile ganz überwiegend auf die Erreichung der SDG ausgerichtet sind, obwohl sie nicht explizit als Impact- oder SDG-konforme Fonds entwickelt wurden. Wir haben deshalb ETFs gesucht, die auf eines oder mehrere der 17 SDG Ziele fokussiert sind.
Dabei haben wir auch diskutiert, ob breit diversifizierte ETFs mit Fokus auf Emerging Markets für unser Portfolio zulässig sein sollten, da es bei den SDG im Wesentlichen darum geht, Bedürftigen zu helfen, die in Emerging Markets besonders zahlreich sind. Wenn man sich Fonds von Emerging Markets detailliert ansieht stellt man aber schnell fest, dass damit Länder bzw. Unternehmen gefördert würden, die mit den SDG oft nicht gut kompatibel sind. Der Fokus unseres SDG Portfolios liegt deshalb auf Branchen- und Themenfonds und nicht auf regionalspezifischen Fonds.
Anlegern muss dabei klar sein, dass es sich typischerweise um Portfolios von Unternehmen handelt, die in erster Linie dem Shareholder Value verpflichtet sind, d.h. gewinnorientiert sind. Anleger, die nur soziale und ökologische Ziele verfolgen und solche Unternehmen nicht unterstützen wollen, sollten ihr Geld daher lieber gemeinnützigen Organisationen spenden.
SDG ETF-Portfolio 2020: Fokus auf sieben Marktsegmente
Bei der Selektion von Branchen- und Themenfonds haben wir uns an den neuen Impact Investing Market Map der United Nations Principles for Responsible Investment vom August 2018 orientiert. Dieser Report führt insgesamt zehn Marktsegmente auf: Energieeffizienz, grüne Gebäude, erneuerbare Energien, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, Wasser, bezahlbares Wohnen, Erziehung, Gesundheit, inklusive Finanzen.
Danach haben wir das in Deutschland angebotene ETF-Universum durchsucht und so die zulässigen Marktsegmente definiert. Daraus ergaben sich die folgenden sieben Branchen bzw. Marktsegmente mit mindestens einem verfügbaren ETF: Biotechnologie, Gesundheit, erneuerbare Energien, Wasser, nicht-fossile Mobilität, Infrastruktur und Immobilien.
Nutzung fokussierter statt diversifizierter Branchenfonds
Für die Portfoliobildung sind wir noch einen Schritt weiter gegangen. Ein SDG-Ziel heißt „Good Health and Well Being“. Um dieses Ziel im Portfolio abzubilden, hätten wir sogenannte Healthcare-Fonds selektieren können. Solche Fonds investieren in alle Arten von Healthcare-Unternehmen. So hatten die Pharmaunternehmen Novartis und Roche Ende Februar 2019 einen Anteil von über einem Drittel am iShares STOXX Europe 600 Health Care UCITS, und auch das US Pendant dazu wird stark von großen Pharmakonzernen dominiert.
Außerdem sind solche Aktien meist bereits über traditionelle Fonds in den Portfolios von Anlegern enthalten. Die Investition in das SDG Portfolio sollte aber nur zu wenigen Überschneidungen mit Portfolios typischer Anleger führen.
Wir haben deshalb lieber fokussierte Biotech- und Healthcare-Fonds selektiert, die Gesundheit vor allem durch den Einsatz neuer Technologien fördern wollen. Die einzige Ausnahme davon war ein diversifizierter Infrastrukturfonds, da Infrastruktur allen Nutzern zugutekommt. Wir haben aber einen Infrastrukturfonds genutzt, der die konventionelle Energieproduktion möglichst ausschließt, also vor allem auf sogenannte Kern-Infrastruktur setzt.
SDG ETF-Portfolio: Ohne diversifizierte Technologie- oder Diversitätsfonds
Wir haben auch diskutiert, branchenübergreifende Technologiefonds, von denen wir annehmen, dass die darin enthaltenen Unternehmen die SDG-Ziele fördern können, in unser Portfolio aufzunehmen. Allerdings haben wir uns dagegen entschieden, weil diese meist relativ hohe Anteile von Wertpapieren enthalten, die in vielen traditionellen Anlegerportfolios schon enthalten sein sollten oder die nicht unbedingt nachhaltig erscheinen.
Der vom Titel her interessante Emerging Markets Internet & Ecommerce Fonds enthält z.B. als größte Positionen Unternehmen wie Alibaba oder Tencent oder Baidu, die man als verantwortungsvoller Anleger nicht unbedingt im Portfolio haben möchte (Stichworte „China“ und „Datenkrake“). In unseren Aktienfonds sind Chinesische aber auch russische Unternehmen ausgeschlossen, weil diese Länder zu den 50% schlechteren nach Rule of Law gehören.
Wir haben auch Inclusion, Gender, Diversity, Low Carbon und Circular Economy ETFs nicht in das Portfolio aufgenommen, weil diese viele Unternehmen enthalten können, die typischerweise als nicht nachhaltig gelten.
Die oben genannte Impact Map der Vereinigten Nationen führt insgesamt zehn Marktsegmente auf. Bezahlbares Wohnen, Erziehung und inklusive Finanzen konnten zumindest Anfang 2020 noch nicht mit ETFs abgedeckt werden.
SDG ETF-Portfolio: Kein ESG-Portfolio
Wie die bisherigen Überlegungen zeigen, soll das Impact-Portfolio ein verantwortungsvolles Portfolio sein. Es gab jedoch zum Portfoliostart noch keine Branchen- bzw. Themen-ETFs, die nachhaltige Ausschlüsse nutzen oder die ESG-Mindestanforderungen (Environment, Social, Governance) an die in den Fonds vertretenen Unternehmen stellen. Das SDG ETF-Portfolio kann deshalb Wertpapiere enthalten, die in streng nachhaltigen Portfolios ausgeschlossen wären (zur Nachhaltigkeitsmessung vgl. PRISC – Policy for Responsible Investment Scoring: Die Taxonomiealternative von der DVFA – Verantwortungsvolle (ESG) Geldanlage (prof-soehnholz.com). Da nachhaltig orientierte Anleger meist keine synthetischen ETFs mögen, werden solche nicht für das Portfolio zugelassen.
Wenn man sein Geld strenger nach Impactkriterien anlegen möchte, muss man direkte Portfolios nutzen (vgl. Impact+ESG: Innovatives Mischfondsprojekt der von der Heydt Bank – Verantwortungsvolle (ESG) Geldanlage (prof-soehnholz.com).
Gleichgewichtete Portfoliobildung mit jährlicher Rebalanzierung
Insgesamt haben wir Ende 2019 nur 13 ETFs gefunden, die unseren Impactanforderungen entsprechen. Für das Startportfolio werden die sieben Segmente und die jeweils verfügbaren ETFs innerhalb der Segmente gleichgewichtet. Zum Jahresende werden alle Segmente und passenden ETFs innerhalb der Segmente wieder gleichgewichtet.
Wie bei den anderen Portfolios von Diversifikator auch, werden einmal jährlich die Regeln überprüft. So ist davon auszugehen, dass künftig weitere ETFs auf den Markt kommen, die für das Portfolio in Frage kommen. Außerdem kann es sein, dass einige der ETFs im Laufe der Zeit vom Markt genommen werden, weil nicht genug Nachfrage für die generiert wurde.
Risikodifferenzierung: Kombination mit ESG Anleihen oder Trendfolgenutzung
Den hier skizzierten Branchen- und Themen-Ansatz kann man zudem bisher nur mit Aktienfonds umsetzen, denn es gibt noch keine ähnlich fokussierten Anleihe-ETFs. Auch Green Bond ETFs enthalten oft Anleihen von wenig nachhaltigen Emittenten. Anleger können das SDG-ETF Portfolio aber je nach Risikoneigung mit einem Anleihe ESG ETF-Portfolio kombinieren.
Für ausgewogene Portfolios kann man aber auch entsprechende Anteile an Tagesgeld halte oder ab Ende 2020 das neue SDG ETF Portfolio Trend mit einem regelbasierten Risikomanagement nutzen.
SDG ETF-Portfolio: Megatrendportfolio ohne Trendprognosen
Wenn man sich die Zusammensetzung des Portfolios mit den 13 ETFs aus den Segmenten Biotech und Healthcare, Infrastruktur, grünen Immobilien, erneuerbaren Energien und Elektromobilität ansieht, erinnert es am ehesten an ein sogenanntes Megatrend-Portfolio. Anders als bei Megatrend-Portfolios, werden aber keine Trendprognosen benötigt, da die Marktsegmente konzeptionell aus den SDG abgeleitet wurden.
2020: +11,9% sind eine sehr gute Performance
Die Aussagekraft von Rückrechnungen ist begrenzt, auch wenn sie bei regelbasierten besser sein sollte als bei diskretionären Portfolios. Da viele der von uns genutzten ETFs noch ziemlich jung sind, haben wir gar keine Rückrechnung gemacht. Wir haben dieses Portfolio also rein konzeptionell ohne Prognosen und Rückrechnungen entwickelt.
Das SDG ETF-Portfolio hat sich bisher sehr gut entwickelt. Bis zum 4.12. hat es 11,9% an Wert gewonnen, nachdem 1,2% für Kosten abgezogen wurden. Das sind 7,5 Prozentpunkte mehr als ein Weltaktien-ETF. Beide haben im schwierigen Jahr 2020 mit 34 bzw. 33% vergleichbare maximale Verlustkennzahlen.
SDG ETF-Portfolio 2021: Noch klarerer SDG-Fokus
In 2020 sind zahlreiche neue Themen-ETFs an den Markt gekommen. Außerdem wird klarer, welche dieser Themen besonders kompatibel mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (SDG) sind.
Für die Entscheidung, welche Themen in das Portfolio aufgenommen werden, nutzen wir jetzt nicht mehr nur die Impact Investing Market Map der Principles for Reponsible Investments sondern auch die neue Sustainable Development Investments Asset Owners Platform.
Statt der 7 Marktsegmente aus dem Vorjahr zu nutzen können wir Themen-ETFs jetzt direkt einzelnen der 17 SDG zuordnen. Dabei finden wir ETFs für 11 der 17 SDGs. Nur für die Ziele 1, 2, 8, 10, 16 und 17 konnten wir noch keine ETFs identifizieren.
Einzelne der SDG-Ziele können wir dabei unterteilen, z.B. Gesundheit in die Bereiche Healthcare und Biotechnologie, SDG 9 in traditionelle und IT-Infrastruktur, SDG 11 in Smart Cities und Immobilien und SDG 15 in Land- und Forstwirtschaft. So kommen wir auf insgesamt 16 Marktsegmente. Wir haben für 2021 aus jedem dieser Segmente nur einen ETF selektiert. Das ist anders als im Vorjahr, in dem einzelne ETFs bei einem vergleichbaren Vorgehen unseres Erachtens zu hohe Anteile bekommen hätten.
Unsere Anforderungen an die ETFs sind dabei vielfältig. Die selektierten ETFs sollen physisch und nicht synthetisch sein. Außerdem soll der Fokus der ETFs nicht auf Largecaps liegen, denn kleine Unternehmen sind normalerweise stärker fokussiert – in diesem Fall auf SDGs – als Großunternehmen. Deshalb präferieren wir auch konzentrierte und nicht diversifizierte ETFs. So sollen außerdem zu starke Überschneidungen mit anderen SDG-Segmenten aber auch mit anderen Portfolios von Anlegern vermieden werden.
Inzwischen sind sogar einige Themen-ETFs verfügbar, die ESG-Kriterien nutzen. Solche ETFs werden präferiert. Wenn nach diesen Kriterien noch gleichwertige ETFs vorhanden sind, soll der kostengünstigere ETF ausgewählt werden.
SDG ETF-Portfolio 2021: 16 ETFs von 7 Anbietern
Mit diesen Kriterien kommen wir zu einem neuen Startportfolio von 16 ETFs von 7 Anbietern mit den Themen Sauberes Wasser, Blue Economy und erneuerbare Energien, Batterien und Elektromobilität, Cybersecurity, Cloud Computing und digitale Bildung, und Smart Cities, grüne Immobilien, nachhaltige Nahrungsmittel, Agrar- und Forstwirtschaft, Biotechnologie, medizinisches Cannabis und Gesundheitswesen. Die 16 Themen-ETFs werden gleichgewichtet in das Portfolio genommen.
Der ETF-Marktührer iShares ist mit 4 ETFs vertreten aber dann folgen ETFs kleiner bzw. neuer Anbieter wie Rize (4), L&G (3), Lyxor (2) sowie je ein ETF von BNP, Credit Suisse und Wisdom Tree. Drei der ETFs nutzen explizit ESG Kriterien.
Die ETF-Kosten für das Portfolio liegen bei ca. 0,45% p.a., was etwas unterhalb der Kosten von 2020 liegt. Wenn man die 0,25% Gebühr von Diversifikator hinzurechnet, kommt man bei günstiger Umsetzung auf eine trotzdem relativ geringe Gesamtkostenquote. Zu Beginn könnte der Handel einiger der teilweise noch sehr kleinen ETFs aber noch schwierig bzw. relativ teuer sein.
Das Portfolio kann von Selbstentscheidern und -umsetzern zu Kosten von 1,2% p.a. über die Diversifikator GmbH bezogen werden. Zu ähnlichen Konditionen ist es das Portfolio inklusive Beratung und Verwaltung bei der Deutschen Wertpapiertreuhand erhältlich.