ESG-Kritik: Über 20 Falschaussagen

  1. ESG-Investing kostet Rendite oder erhöht das Risiko. Falsch, siehe z.B. Analyse von über 2000 Studien von Friede/Busch/Bassen.
  2. ESG Investoren sind Gesinnungsethiker oder „Häkchenmacher“. Falsch: Erstens müssen Gesinnungsethiker nicht schlechter sein als Renditejünger, zweitens kann man mit ESG-Investments gut verdienen und drittens ist ESG-Investing überhaupt nicht standardisiert, so dass Häkchenmachen gar nicht geht.
  3. ESG-Strategien mit börsennotierten Werten bringen nichts. Falsch. Angebot und Nachfrage bestimmen Kurse und Kurse wirken auf Finanzierungskosten und Managementkompensation etc. (Betriebswirtschaftslehre Basics, s.a. hier).
  4. Ausschlüsse schaden Anlegern, weil man z.B. fossile Energie noch viele Jahre braucht. Falsch. Warum sollten Anleger mit beschränkten Geldmitteln (also alle) fossile Energien statt erneuerbarer Energien „finanzieren“ (s.a. hier)?
  5. Indexfondsanbieter müssen sowieso in alle Werte investieren. Falsch. Bei synthetischen ETFs und sogenanntem Sampling haben Indexfondsanbieter Spielräume, die sie „verantwortungsvoll“ nutzen könnten. Außerdem könnten Indexfondsanbieter strenge Indizes nutzen und propagieren, wie z.B. SRI ex Fossil Fuel Indizes (SRI: Socially Responsible Investing), s.a. hier.
  6. Investmentfonds dürfen nicht zu sehr von ihren traditionellen Benchmarks abweichen. Falsch. Aktive Fonds müssen sogar von ihren Benchmarks abweichen, um potenzielle Outperformance erreichen zu können, und alle, also auch eher passive Fonds, können streng nachhaltige Benchmarks wählen (s.a. hier)
  7. ESG Daten/Ratings taugen grundsätzlich nichts. Falsch, siehe z.B. gute Renditen/Risiken ganz unterschiedlicher ESG-Indizes (s. z.B. hier)
  8. ESG Ratings taugen nichts, weil sie je nach Anbieter sehr unterschiedlich sind. Falsch. Lieber unterschiedliche Ansätze im Wettbewerb untereinander als einheitlich falsche (Kredit-)Ratings wie vor der Kredit(rating)krise 2008. Außerdem sind E, S und G Ratings vieler Anbieter durchaus vergleichbar (v.a. MSCI und KLD raten offenbar oft anders).
  9. Wenn man ESG-Ratings nutzt, wird das Investmentuniversum zu sehr eingeschränkt. Falsch. Von Fondsanbietern selbst gewählte Kapitalisierungs-, Liquiditäts-, Faktor- und viele andere Kriterien schränken die Anbieter sehr oft wesentlich stärker ein. Außerdem reicht oft schon eine Diversifikation über wenige Wertpapiere, um eine relativ gute risikoadjustierte Performance zu erreichen (s. z.B. hier).
  10. ESG Ratings werden zu selten durchgeführt. Falsch. ESG Ratings sind aufwändig, so dass die einmalige detaillierte Datenerhebung pro Jahr genügen muss. Die Renditen/Risiken von ESG-Indizes, die diese Ratings nutzen, sind trotzdem sehr gut. Außerdem gibt es inzwischen zahlreiche Datenanbieter, die häufigere Ratingupdates ermöglichen.
  11. Informationen über aktuelle Kontroversen bzw. andere aktuelle ESG-Informationen müssen genutzt werden. Falsch. Das Risiko einer Falschbewertung von aktuellen Kontroversen und von Updates nur auf Basis von Maschine Learning bzw. künstlicher Intelligenz ist hoch.
  12. Unternehmen mit guten ESG Ratings sind immer verantwortungsvoll. Falsch. Auch Streubombenhersteller können gute ESG Ratings haben.
  13. Unternehmen mit guten ESG Ratings sind nach E, S und G Kriterien gut. Falsch. Bei aggregierten Ratings kann z.B. gute Unternehmensführung schlechtes Sozialverhalten „kompensieren“.
  14. Unternehmen mit guten ESG-Ratings sind schon zu hoch bewertet bzw. teuer. Falsch, wie man an der Performance von SRI Indizes sieht, die typischerweise hohe ESG-Anforderungen stellen. Außerdem haben bisher nur wenige Fondsanbieter bzw. andere Anleger durchgehend strenge ESG Anforderungen.
  15. ESG Momentum/Progress ist eine verantwortungsvolle Geldanlagestrategie. Falsch, denn relativ „schlechte“ Unternehmen nach ESG-Kriterien werden dabei mit Investments belohnt und „gute“ durch Divestments bestraft, denn die Divestmenterlöse werden strategiekonform wieder in „schlechte“ Unternehmen angelegt (s. z.B. hier S. 4).
  16. Stimmrechtsausübung und Engagement von Anlegern sind wirkungsvoll. Falsch, denn es ist sehr teuer/aufwändig, diese Strategie für alle Wertpapiere im Portfolio auszuüben, es gibt wenig Gelegenheiten um verantwortungsvollen Einfluss zu nehmen und der Einfluss einzelner Anleger ist typischerweise gering. Trotzdem mögen Produktanbieter diese Verantwortungsstrategie, um andere Strategien (Divestment, hohe ESG-Anforderungen) nicht streng zu verfolgen, weil Portfoliomanager so am wenigsten eingeschränkt werden, es bis zum (Miss-)Erfolg von Voting/Engagement lange dauert und Misserfolge schwer zu messen/prüfen sind.
  17. Konsequente liquide Impactstrategien sind noch nicht möglich, weil zu wenige Unternehmen nach den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen publizieren. Falsch. Mit einem Sektorenansatz, z.B. Investments in „erneuerbare“ Energieunternehmen, kann man so eine Strategie auch ohne Detailreporting umsetzen (s. z.B. hier).
  18. Gutes ESG-Investing geht nur mit aktiv gemanagten Fonds. Falsch, siehe z.B. die Performance von ESG oder SRI ETFs und z.B. hier.
  19. ESG-Investing muss teurer sein als traditionelles, weil die Daten und deren Analyse so viel kostet. Falsch. Das sieht man z.B. an günstigen ESG-ETFs. Außerdem gibt es inzwischen sogar einige kostenlose ESG-Datenquellen. Für Anleger teuer sind vor allem hohe Vertriebsprovisionen, die sie meist zahlen müssen, wenn sie aktive Fonds kaufen (s.a. hier und hier).
  20. Anlegerberatung in Bezug auf nachhaltige Fonds ist besonders aufwändig. Falsch. Es ist viel einfacher, ein gutes Nachhaltigkeitskonzept zu erklären als die meisten Nischenfonds oder quantitativen Fonds oder angebliche „Besonderheiten“ von Me-Too Angeboten.
  21. Die Auswahl an verantwortungsvollen Fonds ist schon sehr groß. Falsch. Für Retailkunden gibt es meist erst seit Kurzem Angebote in Deutschland und es gibt sehr viele Fonds, von denen behauptet wird, sie seien nachhaltig, aber viele dieser Fonds erfüllen oft nur geringe Nachhaltigkeitsanforderungen wie den Ausschluss von Streubomben (s.a. hier).
  22. Die Nachhaltigkeit von Fonds bzw. Greenwashing kann nicht einfach geprüft werden. Falsch. Je weniger Titel im Portfolio im Vergleich zum zulässigen Universum sind, desto strenger kann ein Fonds ein. Und das geplante Scoringmodell von der DVFA hilft bei der einfachen und umfassenden Nachhaltigkeitsanalyse von Fonds (s.a. hier).
  23. ESG ist eine vorübergehende Mode. Falsch. Das sehen sogar MSCI und BlackRock und sehr viele andere ganz anders.