Nachhaltigkeitsfragen als Screenshot einer Präsentationsfolie

Deadline August: Müssen dann andere Fonds angeboten werden?

Deadline August: 100% Rendite oder 100% Nachhaltigkeit?

Die regulatorischen Vorgaben sind ziemlich detailliert. Andererseits sollen die an Interessenten zu richtenden Fragen in sogenannter einfacher Sprache formuliert sein. Aus Anbietersicht sollten die Fragen zudem so beantwortet werden können, dass noch Produkte übrigbleiben, die man AnlegerInnen anbieten kann. Angesichts der Detailvorgaben wird gerade das aber nicht einfach sein. Denn so wie es keine seriösen Produkte mit 100% Renditeerwartung gibt, wird es auch kaum Produkte geben, die 100% der Nachhaltigkeitsidealvorstellungen von AnlegerInnen entsprechen.

Hier folgt mein juristisch ungeprüfter Vorschlag für mögliche Fragen an AnlegerInnen sowie Hinweise zur Selektion potenzieller Investmentfonds, die ich für eine Diskussionsveranstaltung des VOTUM Verbandes unabhängiger Finanzdienstleister entwickelt habe:

Zuerst würde ich die Erwartungen von AnlegerInnen mit dieser einleitenden Bemerkung begrenzen: „100% Nachhaltigkeit ist kaum möglich. Und mit dem Kauf von Fonds börsennotierter Wertpapiere erhalten die Herausgeber dieser Wertpapiere kein zusätzliches Geld. Aber AnlegerInnen können mit Käufen bzw. Verkäufen Signale setzen, insbesondere wenn sie die Gründe für ihre Entscheidungen kommunizieren“.

Was und Wie-Fragen in einfacher Sprache

Frage 1: Ist es Ihnen wichtig, was für Produkte und Services von den Wertpapieremittenten in den Fonds überwiegend angeboten werden oder wie diese Emittenten arbeiten? Beispiel: Sollen bevorzugt Anbieter von erneuerbaren Energien ausgewählt werden (das Was) oder traditionelle Energieanbieter, die sich bemühen, nach ökologischen (E), sozialen (S) und Unternehmensführungskriterien (G) gut zu sein (das Wie).

Frage 2a, wenn die AnlegerInnen das WAS wählen: Haben Sie bestimmte Mindestanforderungen an E, S oder G oder andere Nachhaltigkeitskriterien oder reicht es Ihnen, wenn die Wertpapiere nicht zu den schlechtesten eines anerkannten Ratinganbieters gehören?

Frage 2b, wenn der AnlegerInnen das WIE wählen: Reichen Ihnen Ausschlüsse von unerwünschten Aktivitäten wie Angeboten fossilen Energie oder wollen Sie vor allem in Wertpapiere von Emittenten investieren, die möglichst vereinbar mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (17 SDG) sind? Achtung: Ausschlüsse sind selten perfekt möglich und lassen typischerweise geringe kritische Aktivitäten in begrenztem Umfang weiterhin zu und Vereinbarkeit mit den SDG ist meist auf geringe Umsatzanteile begrenzt.

Frage 3a als Folgefrage zu 2a: Wollen Sie ein Portfolio für mehrere SDG-Ziele (ggf. die speziellen Ziele wie „Gesundheit“ abfragen) oder nur eines mit speziellem Fokus z.B. „ökologisch nachhaltige Investitionen“?

Frage 3b als Folgefrage zu 2b: Gibt es Ausschlüsse, die unbedingt und möglichst zu 100% sichergestellt werden müssen (welche?) oder möchten Sie, dass möglichst viele Ausschlüsse erfolgen?

Wenn die AnlegerInnen sowohl das WAS als auch das WIE erfüllt sehen möchten, sollten alle Varianten der Frage 2 und 3 beantwortet werden.

Fondssuche mit Fondsprofilen des Forums Nachhaltiger Geldanlage

Ich kenne nicht alle möglichen Datenbanken, mit denen man Investments finden kann, die den Nachhaltigkeitspräferenzen von AnlegerInnen entsprechen. Die frei zugänglichen Fondsprofile des Forums nachhaltige Geldanlagen sind aber ein guter Startpunkt. Damit können AnlegerInnen auch alleine nach Fonds suchen, die ihren individuellen Nachhaltigkeitskriterien am besten entsprechen. Allerdings werden die Daten von den Fondsgesellschaften selbst eingegeben und nicht immer gut gepflegt.

Aktuell sind circa 600 Fonds in der Datenbank verzeichnet. Davon sind knapp die Hälfte Aktienfonds. ETFs sind bisher aber erst wenige dort vertreten. Die Fonds kann man nach den Ausschlusspräferenzen (WAS-Frage) von AnlegerInnen selektieren und zusätzlich auch nach Positivkriterien (WAS-Frage) suchen. Außerdem kann man über den Nachhaltigkeitsansatz auch die WIE-Frage adressieren. Konkret kann das so aussehen:

Bei Auswahl der beiden Governance-Unterkriterien des FNG stehen noch gut 50 Fonds zur Auswahl. Wenn man alle Umweltausschlüsse selektiert, bleiben knapp 40 Aktienfonds übrig. Falls alle Sozialausschlüsse selektiert werden, kann man sogar nur aus 3 Fonds wählen. Alle Sozial- plus alle Umweltanforderungen der Selektionsliste gleichzeitig erfüllt kein einziger Aktienfonds und nur ein Fonds erfüllt alle Governance-und Sozialkriterien. AnlegerInnen dürfen deshalb nicht zu hohe Nachhaltigkeitsanforderungen stellen, um noch einige Fonds zur Auswahl übrig zu haben.

Für die Positivauswahl kann man nach Fonds suchen, die „Impact Investing“ oder „Investition in nachhaltige Themen“ als Nachhaltigkeitsansatz verfolgen und kommt damit auf insgesamt 55 Aktienfonds. 274 von 285 Fonds nutzen normbasiertes Screening und 245 ESG Integration. Der Best-in-Class bzw. Best-of-Class Ansatz wird von 136 der 285 Fonds genutzt. Ein großer Nachteil ist, dass nicht separat nach Best-in-Universe gesucht werden kann.

Außerdem ist die Datenbank offenbar nicht fehlerfrei programmiert. So habe ich bei meinem Fonds Massenvernichtungswaffen ausgeschlossen. Allerdings wird mein Fonds nicht angezeigt, wenn dieses Ausschlußkriterium selektiert wird. Ich habe zwar schon mehrfach um eine Korrektur gebeten, bisher ist diese aber noch nicht erfolgt.

Deadline August: Änderung traditioneller Fondsselektionskriterien?

Die Kategorie „Siegel und Auszeichnungen“ empfehle ich nicht zur Fondsselektion. Ähnlich wie Kategorisierungen als Artikel 8 oder 9 Fonds werden dafür nur oft relativ niedrige Mindestanforderungen festgelegt. Siegel und Auszeichnungen müssen zudem von Anbietern in der Regel bezahlt werden. Das bringt Vorteile für Anbieter mit größerem Marketingbudgets. Boutiquenfonds können dagegen oft konzentrierter und damit grundsätzlich nachhaltiger investieren als große Fonds, denn Diversifikation kann Nachhaltigkeit reduzieren. Deshalb erwarte ich, dass an Nachhaltigkeit Interessierten künftig eher konzentrierte als diversifizierte Fonds bzw. ETFs angeboten werden.

Weil viele nachhaltige Fonds noch nicht sehr alt und damit oft auch nicht besonders groß sind erwarte ich, dass traditionelle Auswahlkriterien wie Fondsgröße künftig weniger Bedeutung als bisher haben werden. Eine lange Performancehistorie ist auch nicht mehr so wichtig, wenn eine kurze in einem schwierigen Umfeld wie dem bisherigen Börsenjahr vorliegt. Und regelbasierte Fonds wie ETFs müssen meist auch keine lange Historie aufweisen, denn solche Strategien kann man gut zurückrechnen (vgl. z.B. Nachhaltigster Aktienfonds? – Responsible Investments (Blog) (prof-soehnholz.com)).