Divestmentkritik: Populäre aber falsche Kritik an verantwortungsvollen Geldanlagen

Divestmentkritik: Diversifikation sollte nicht übertrieben werden

Es stimmt, dass Diversifikation der Geldanlage wichtig ist, um Risiken zu senken. Das gilt für die Streuung über Anlageklassen und innerhalb der Anlageklassen über einzelne Wertpapiere, z.B. Aktien. Allerdings wird die Anzahl der für Diversifikation nötigen Wertpapiere bzw. Aktien meist überschätzt.

Ich habe viel über Diversifikation geschrieben, z.B. das Diversifikationsbuch und das Diversifikatorbuch, und meine Firma heißt Diversifikator. Trotzdem biete ich ein globales Portfolio mit nur 5 Aktien an, das nach strengen Environmental, Social- und Unternehmensführungs- bzw. Governancekriterien (ESG) zusammengestellt ist („Global Equities ESG S). Das Portfolio rentiert sehr gut, weist aber relativ hohe Schwankungen auf.

Schon ab 15 oder 30 Aktien weltweit kann man sehr nachhaltige Portfolios mit Renditen und Risiken bilden, die ähnlich sind wie sehr breite Weltaktienindizes. Dazu gibt es viel wissenschaftliches Research.

Ich setze das mit dem aus 30 Aktien bestehenden Portfolio Global Equities ESG um. Diese Renditen werden trotz zahlreicher harter Ausschlüsse von Anlagesegmenten und trotz hoher Anforderungen an Umwelt-, Sozial- und Unternehmenskriterien erreicht (siehe https://prof-soehnholz.com/regelaenderungen-fuer-2019-die-portfolios-mit-den-wohl-strengsten-esg-anforderungen/; aktuelle Kennzahlen zu den Portfolios s. www.diversifikator.com).

Divestmentkritik: Lieber Ausschlüsse und Divestments als voraussichtlich wirkungsloses Engagement

Es macht keinen Sinn, sich an „schlechten“ Unternehmen – nach welchen Kriterien auch immer, zu beteiligen. Selbst den größten Geldanlegern weltweit gehören meist nur sehr geringe Anteile an Unternehmen. Mitbestimmungsmöglichkeiten auf Hauptversammlungen sind sehr begrenzt und „Engagement“ kann zwar zu Veränderungen führen, aber der Prozess ist sehr aufwändig. Man sollte lieber in „gute“ Unternehmen investieren und versuchen, diese noch besser zu machen. Dann müssen schlechte Unternehmen besser werden, um Geld von Anlegern zu halten bzw. neues zu akquirieren (ausführlicher dazu siehe https://prof-soehnholz.com/taxonomie-verantwortungsvoller-geldanlagen-praxisorientierter-vorschlag/).

Divestmentkritik: Grundproblem ist die falsche Benchmarkhörigkeit vieler (institutioneller) Anleger

Das Grundproblem ist meiner Ansicht nach, dass sich zu viele (Groß-)Anleger und Portfoliomanager viel zu eng an breit gestreuten Indizes mit oft tausenden von Wertpapieren orientieren. Um die Abweichungen, den sogenannten Tracking Error zu den Indizes, gering zu halten, wollen sie möglichst viele Großunternehmen aller Branchen in ihren Portfolios halten. Finanztheoretisch ist das Quatsch und ein klarer Fall von Überdiversifikation (siehe auch https://prof-soehnholz.com/verantwortungsvolle-als-einzige-offizielle-geldanlage-benchmarks/).

Gerade ein entwickeltes und mittelständisch geprägtes Land wie Deutschland sollte auch bei der Geldanlage nicht nur auf die größten internationalen Großunternehmen aus den verbreitetsten Indizes setzen, sondern Gelanlagen in die „besten“ Unternehmen fördern. Dabei ist es sogar gut, wenn „beste“ unterschiedlich definiert wird, damit nicht alles Geld den gleichen Unternehmen zufließt.

Was man bei aller Kritik and Divestmentkritik allerdings wirklich vermeiden sollte, sind einseitige Investments in sehr enge Themen. Man sollte also nicht unbedingt nur 100% in Wind- oder Solarenergie investieren. Außerdem sollte man natürlich auch bei breiter gestreuten ESG Investments, die auch die Dimensionen Soziales und Unternehmensführung beachten, auf die Kosten achten. Nur in wenige teure Projekte oder geschlossene Fonds zu investieren, ist nicht anzuraten.